Monteverdis "Ulisse" einmal ganz anders und in Spielfilmlänge: als spannende Mafia-Story (Bühne und Regie: Martina Veh) in einem Hafen-Gebäude, hier ein 19 Meter hoher, 19 Meter langer und sieben Meter breiter Schlauch auf der Hinterbühne des Prinzregententheaters. Dort sitzt das Publikum an einer Breitseite, das Geschehen findet gegenüber auf Podesten und einer Treppenkonstruktion statt, vor der oder in der die sechs Instrumente platziert sind: In der prägnanten Fassung von Joachim Tschiedel, der von der Truhenorgel aus das Geschehen leitet, schwebt Franziska Dolling mit ihren Blockflöten über allem, Birgit Stolzenberg, Dorothea Kügler und Franz Anton Peter spielen unter ihr Hackbrett, an der Stirnseite sitzen Maria Fitzgerald am Cembalo und Anna Zimre mit der Gambe.
Die 20 Jahre auf ihren Ulisse wartende Penelope (hier verdreifacht: Pia Viola Buchert, Jessica-Veronique Miller und Clara Corinna Scheurle) sitzt im weich fließenden schwarzen Kleid unter der Lederjacke an der Nähmaschine. Auch die Götter sind Menschen: Neptun (bassgewaltig: Irakli Ataneslishvili) ist ihr brutaler Chef, Minerva (Flore van Meerssche) stellt Ulisse als Zollbeamtin einen neuen Pass aus. Wenn sich die schweren Eisentüren öffnen, sieht man die riesige Film-Projektion eines Hafens oder es fährt ein Gabelstapler herein, der Ulisse als blinden Passagier mitspült: Stefan Sbonnik ist ein berückend und differenziert singender Tenor, dem man das Trauma ansieht und anhört. Umso schöner das Duett, wenn er sich seinem Sohn Telemaco (Bavo Orroi) zu erkennen gibt.
Musiziert wird exzellent ohne Übertitel. Aber alles Wesentliche bekommt man mit, so die Verstörung, wenn Penelope kaum glaubt, dass der Mann, der die Armbrust ihres Gatten zum Mord an den Freiern benutzt und draußen zersägt hat, ihr Ulisse ist: Mit ihm bleibt sie verstört zurück, während die anderen Penelopes im Freudentanz delirieren.