Kurzkritik:Feste Burg

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Bach-Kantaten mit dem Collegium Vocale Gent

Von MICHAEL STALLKNECHT, München

Wenn die protestantischen Kirchen in diesem Jahr den fünfhundertsten Jahrestag der Reformation feiern, dann dürfte immer wieder auch die Kantate "Ein feste Burg ist unser Gott" erklingen. Dass Johann Sebastian Bach das bekannteste Kirchenlied Martin Luthers zu einer eigenen Komposition ausweitete, gehört zu den vielen lebensgeschichtlichen wie geistlichen Beziehungen zwischen dem Theologen und seinem bedeutendsten musikalischen Verkünder.

Pünktlich zum Reformationsjubiläum widmete das Collegium Vocale Gent dieser besonderen Nähe nun ein Programm im Herkulessaal, bei dem es zwischen die Kantate "Gott, der Herr, ist Sonn und Schild" und "Ein feste Burg ist unser Gott" - entstanden für Leipziger Reformationsfeste - die ältere Kantate "Christ lag in Todesbanden" nach Luthers gleichnamigem Osterlied stellte. Letztere, noch immer ungeheuer beeindruckende Komposition des jüngeren Bach realisierte Leiter Philippe Herreweghe ausschließlich mit den Solisten Dorothee Mields, Damien Guillon, Thomas Hobbs und Tobias Berndt, die ansonsten wie zu Bachs Zeiten in den zwölfköpfigen Chor integriert waren.

Dass Chor wie Solisten akustisch bisweilen vom historischen Instrumentarium des Orchesters zugedeckt wurden, hatte Nachteile für die Textverständlichkeit. Das ist schade bei einem eher puristischen Ansatz wie dem Herreweghes, der kaum auf klangsinnliche Effekte abzielt, sondern Text und Musik über weiteste Strecken für sich sprechen lassen will. Klanglich geht das angesichts der hervorragenden Musiker auf, die Herreweghe um sich versammelt. Das gilt für die Gesangssolisten wie für die Orchestersolisten, beispielsweise den grandiosen Oboisten Timothée Oudinot. Dem lang anhaltenden Beifall dankte das Collegium Vocale mit dem Eingangschor aus der Kantate "Ach Gott, vom Himmel sieh darein" - ebenfalls nach einem Lied Luthers.

© SZ vom 31.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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