Kurzkritik:Exquisit

Counter M. E. Cencic und "Il pomo d'oro"

Von Klaus Kalchschmid

Manchmal braucht es wenig, um große Oper zu zeigen, so wenn im Herkulessaal Countertenor Max Emanuel Cencic "Arie Napoletane" singt, also im Neapel des frühen 18. Jahrhunderts entstandene Arien, und dies nur zur Begleitung des Cembalos von Maxim Emelyanychev und mit gerade mal fünf exquisiten Streichern von "Il pomo d'oro".

Das Ergebnis war verblüffend, denn Cencic und seine sechs Mitstreiter musizierten die Arien eines Leonardo Vinci (nicht Leonardo da Vinci), Leonardo Leo, Domenico Sarro oder (zweimal in der Zugabe) Johann Adolph Hasse so souverän, technisch perfekt und ausdrucksvoll, so dass keinerlei Wünsche offen blieben, außer dem, dass Cencic und "Il pomo d'oro" bald wiederkommen! Nicola Porpora, den auch die Kollegen Philippe Jaroussky und Franco Fagioli in den letzten Jahren prominent auf CD vorstellten, war zentral mit drei Arien vertreten: Gleich zu Beginn, dann in der Mitte mit dem todessehnsüchtigen und ungemein ausdrucksvollen "Torbido intorno al core il sangue aomai s'aggira" aus "Meride e Selinunte" und am Ende in einer weniger in flammendem Zorn, denn stolz erhobenen Hauptes gesungenen Arie über die Wut eines Mannes, die wie ein Wirbelwind den wilden Hang herabfegt, den Gegner tötet und als "greller Blitz alles zerstört."

Einmal mehr zeigte Cencic hier den enormen Facettenreichtum seines prächtigen und flexiblen Mezzos, der eine satte Tiefe besitzt, aber auch leuchtend metallische Höhe. Cencic sang virtuose Koloraturen so selbstverständlich, wie sonst kaum jemand spricht. Aber auch das expressive Modellieren und Schattieren lang gezogener Phrasen wirkte bei ihm geradezu mühelos. Gerundet wurde der Abend mit Instrumentalmusik, dirigiert von Maxim Emelyanychev am Cembalo: der Sinfonia Nr. 7 von Scarlatti, Hasses höchst originellem "Adagio e fuga G-moll" und der Entdeckung eines geistsprühenden Cembalokonzerts von Domenico Auletta.

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