Kurzkritik:Ewig Lausbub

Michael Altinger mit "Hell" im Lustspielhaus

Von Oliver Hochkeppel

An den am wenigsten erwarteten Stellen lässt Michael Altinger Songs und Texte ins Vibrieren seines Handys übergehen. Muss er doch in seinem neuen, im Lustspielhaus vorgestellten Programm "Hell" immer wieder mit seinem Versicherungsvertreter telefonieren. Wegen eines Unfalls, eines kleinen Blechschadens beim Einparken, den er, ehrliche Haut - er singt sogar Kants kategorischen Imperativ! - voll auf seine Kappe nehmen will. Wie ihm dann bei diesen Telefonaten die Gesichtszüge entgleisen, wie er kleinlaut "Aha" und "Ja" in den Hörer haucht und schließlich mit einem "Jetzt schaut's so aus" berichtet, das ist schon den halben Eintritt wert.

Altinger ist eben einer der besten Darsteller unter den bayerischen Kabarettisten, speziell im Rampensau-Segment. Den ewigen Lausbub und die alpenländische Variante eines John Cleese kann er wie kein anderer geben, unterstützt von schlaksig-überzogenen Ausdruckstänzen sowie einer markant schrillen Stimme. Freilich, die vollmundige Ankündigung eines mit seinen Co-Autoren Alex Liegl und Thomas Lienenlüken philosophisch unterfütterten Kabarett-Theaterstücks als Auftakt einer Trilogie löst er dann doch nicht wirklich ein. Auch "Hell" bleibt im Kern die typisch Altinger'sche, hochkomische Nummernrevue aus skurrilen, von Martin Julius Faber begleiteten Lied-Miniaturen und schrägen Gedankenspielen zu Glasschiebetüren in Hotelzimmerklos oder zu den 16 Verschwörern, die unser aller Leben kontrollieren - mit einem Hellmut Lux (sic!) als "Erfinder unnötiger Bedürfnisse" wie Smoothies oder Gabionen vorneweg.

Ein Satiriker wird Altinger nie mehr, selbst wenn sich am Ende von "Hell" (man beachte die deutsch-englische Doppelbedeutung) der Unfall-Paulus zum alles auf die "Maserati-Drecksau" schiebenden Saulus der "alternativen Wahrheiten" wird. Macht aber nix.

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