Kurzkritik:Erzählkunst

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Die Popsängerin Awa Ly begeistert im Ampere

Von Oliver Hochkeppel, München

Als sie vor einem Jahr zum ersten Mal in München war, hat das kaum einer mitbekommen. Vielleicht zwanzig Leute verloren sich im Feierwerk. Nun waren es bei Awa Ly und ihrem Begleittrio schon einige mehr im Ampere. Würden die all ihren Bekannten wahrheitsgetreu erzählen, was für ein Konzert sie erlebten, dann müsste beim nächsten Mal die Muffathalle nebenan rappelvoll sein: Es war nämlich eines, das man nicht so schnell vergisst. Weil Awa Ly ein Paket mit all dem schnürte, was zu einem perfekten Popkonzert gehört.

Neu ist die 41-Jährige, die mit senegalesischen Wurzeln in Paris geboren wurde und aufwuchs, in den USA studierte und seit 18 Jahren in Rom lebt, nur bei uns. In Frankreich und Italien hat sie auch schon als Schauspielerin reüssiert, was man im Ampere von der ersten Sekunde an merkte: Wie sie den gefühlvollen Einstiegssong "Storyteller" mit geschlossenen Augen zelebrierte; wie sie in jedem Moment Körperspannung behielt und jeden Song mit den Händen und Beinen miterzählte; wie sie witzige Techtelmechtel und Hahnenkämpfe mit ihren Begleitern vollführte; wie sie nach und nach das Publikum immer direkter anging und sozusagen ins Vertrauen zog - das alleine war schon großes Kino.

Anders als bei vielen guten Pop-Entertainern konnte die Musik mithalten. Die bis auf eines komplett selbst geschriebenen Stücke sind zwar nicht aufregend neuartig, aber ein souveräner Singer/Songwriter-Aufschlag, der genügend Raum lässt für allerlei Variationen und Feinheiten. Mal ging es mehr in Richtung Chanson, mal in Richtung Jazz (Awa Phrasierungen sind ohnehin jazzig); einer berührenden Ballade ("Here", einem Appell an die Humanität gegenüber Flüchtlingen) folgte eine Rock-Hymne, auf einen R'n'B-Feger eine Reggae-Passage. Vorzugsweise auf Englisch gesungen, aber auch mal mit Französisch, Italienisch oder Wolof garniert. Selten hat man auch eine besser funktionierende Schlussnummer gesehen als das von ihr beim Marsch quer durch den Saal wörtlich genommene "Take My Hand". Also, Künstler und Publikum: Bald wiederkommen!

© SZ vom 07.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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