Kurzkritik:Erwachsen

"Frittenbude" beweisen sich in der Kranhalle als wichtige Band

Von Michael Zirnstein

Frittenbude, waren das nicht mal diese Halbstarken in Plüschtierkostümen, die im Luftballonregen jenen "Krawall und Remmidemmi" machten, zu dem Deichkind die Jugend angestiftet hatten? Deichkind aus Hamburg waren freilich geistreicher, dadaistischer, durchgeknallter, freier. Aber weil Frittenbude aus Geisenhausen im Landkreis Landshut immerhin die gute alte Tierfabel in den Elektropop-Rap-Punk eingeführt hatten durch Titel wie "Pandabär", "Die Amsel" oder "Delfinarium", wurden sie groß und zogen nach Berlin. Kann sein, dass im Klamauk ihr Kampf für die Antifa und gegen Rechts unterging. Etwa in "Deutschland 500": "Keine Bären, Deine Kühe, Deine Leichen, Deine Lügen, Deine Grenzen, Deine Straßen, Deine Phrasen, Deine Nazis. Hier wo sie hingehören, hier wo sie niemals stören."

Als sie den alten Song nun in der Kranhalle skandieren, tragen sie dunkle Shirts, sie raven fieser und härter als je zuvor. Sie sind recht spontan hier, um einem erlesenen Kreis von Freunden, Reportern und ausgelosten Fans das neue Album vorzustellen. Es heißt - fabelhaft! - "Küken des Orion". Ansonsten wirken Frittenbude aber spaßbefreit und düster wie ihre Klamotten. Selbst die Ansage Johannes Rögners zur Umbenennung des Franz-Josef-Strauß-Airports verpufft. Man kann das schade finden, wenn man abfeiern will (was viele dennoch schaffen). Man kann auch bedauern, dass einige neue Texte waschlappig, schwülstig daherkommen wie das an Silbermond erinnernde "Endlich unendlich"; oder emorock-romantisch wie "Diese Straße, sie führt dich irgendwo hin / Vielleicht führt sie dich aber auch nirgendwo hin / Aber Nirgendwo muss ja auch irgendwo sein" aus dem Stück mit dem immerhin lustigen Titel "Die Möglichkeit eines Lamas".

Man muss aber anerkennen, dass diese "Army of Küken" jetzt erwachsen sein will. Radikaler als andere Musiker beziehen Frittenbude Stellung, was sie zur wichtigen Band der Stunde macht. Sie wiegeln ihr Publikum in der Kranhalle auf, den Stinkefinger jenen Toren zu zeigen, denen gerade nichts einfällt, als deutsch zu sein, was immer das sein soll.

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