Kurzkritik:Erwachsen

Das Armida-Quartett mit Mozart, Schostakowitsch, Tschaikowsky

Von Harald Eggebrecht, Wildbad Kreuth

Wie schnell aus einem talentierten Quartett- Wettbewerbssieger ein eigenständiges unverwechselbares Ensemble werden kann, lässt sich sehr gut am Armida Quartett (Martin Funda, Johanna Staemmler, Violine; Teresa Schwamm, Viola; Peter-Philipp Staemmler, Violoncello) sehen, das 2012 die ARD-Konkurrenz gewann. Wie die "Armidas" im gut besuchten Festsaal des Bildungszentrums von Wildbad Kreuth Wolfgang Amadé Mozarts "Preußisches" Quartett KV 589, ein Jahr vor seinem Tod vollendet, in seiner Komplexität, seiner "Kompositionswissenschaft" (Haydn), seiner nahezu verrückten Suche nach Unvorhersehbarkeit und in seiner theaterhaften Impulsivität verwirklichten, riss mit. Das ist keine gefällige Musik, sie ist kühn harmonisiert, polyphon trickreich verschränkt und dynamisch extrem kontrastreich ausgereizt. All das boten die Armidas imponierend und erfüllt vom kammermusikalischen Geist.

Wohlinformiert in historischer Aufführungspraxis und daher klangstilistisch überzeugend gingen sie auch das Quartett KV 169 des jungen Mozart an. Doch dem vertrackten Witz, den überfallartigen Inspirationsattacken, dem marionettenhaft ruckenden und zuckenden Bewegungsreichtum ist schwer beizukommen. Das klingt bei den Armidas zwar viel besser als auf ihrer sonst sehr gelungenen Mozart-CD, aber immer noch wirkt es nicht selbstverständlich und bei aller Verspieltheit entspannt genug. Offenbar widersetzt sich die Musik des jungen Mozart stärker unmittelbarem Zugang als die des reifen und späten Meisters. Hingegen stellten die Musiker Dmitri Schostakowitschs 10. Quartett in all seinen Facetten von tiefem Grübeln (Andante), harscher Angriffslust (Allegretto furioso), schwermütig ausgesungener Melancholie (Adagio) und hintersinniger Ironie (Finale) mustergültig hin. Und mit fünf kurzen Sätzen des jungen Tschaikowsky wie mit der Bach-Zugabe aus der "Kunst der Fuge" zeigte das Armida-Quartett, dass es sich nicht auf einen Passpartout-Klang verlässt, sondern sich konsequent der Differenzierung verschrieben hat, wie sie so grundverschiedene Komponisten für ihre jeweilige Musik verlangen. Großer Beifall.

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