Kurzkritik:Eine besondere Liga

MKO in der Pinakothek der Moderne

Von Rita Argauer

Charmant spannt Clemens Schuldt, Chefdirigent des Münchener Kammerorchester, in der Pinakothek der Moderne den Bogen von der gerade überstandenen Fußballdramatik zum Konzert seines Orchesters dort. Im letzten Komponistenporträt dieser Saison widmet man sich im nahtlosen Übergang nach dem Abpfiff Harrison Birtwistle. Für den 1934 geborenen Briten sei das Drama in der Musik essentieller Bestandteil. Außerdem sei der Solist des Abends, der Trompeter Håkan Hardenberger, Schwede, erklärt Schuldt.

Nun hat die Musik Birtwistles mit dem Kammerorchester einen so feinen Partner, dass hier Dramatik in einer ganz besonderen Liga entsteht. Denn Birtwistle sucht das Drama weniger auf eine ins Transzendente verweisende Art, wie das etwa bei Henryk Górecki, dem das vorherige Komponistenporträt galt, der Fall ist. Birtwistle dramatisiert vielmehr mit der Lust am Fiktionalen, die man aus dem Theater kennt. Das Eröffnungsstück "Cortege - A ceremony" ist ein reger Wechsel zwischen Dialogen und Monologen. Da streut die Trompete die Eröffnung von Mahlers fünfter Symphonie ein, während Horn und Klarinette einen süß parlierenden Flirt präsentieren und die Flöte alle Beteiligten zusammenbringt. Die Musiker spielen sanft und höchst differenziert und verhindern übertriebenes Pathos. "Virelai - Sus une Fontayne", eine als Renaissance-Stückchen verkleidete Miniatur klingt nie nach Pastiche. Das hochdramatische "Carmen Arcadiae Mechanicae Perpetuum" wird höchst gelassen interpretiert und funktioniert ausgezeichnet, weil das Drama erst beim Hörer entsteht und nicht auf der Bühne.

"Endless Parade", inspiriert von einem Umzug durch das mittelalterliche Lucca, und mit Hakenberger als Solist, bleibt hingegen harmonisch das avantgardistischste Stück dieser Nacht, das Narrative sitzt hier unter einer Trompete mit Signalwirkung. Das Kammerorchester, hier voll theatraler Wärme, und Hakenberger mit brillant geschärfter Technik erwecken auch diese Bilder zum Leben.

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