Kurzkritik:"Drei Hunde Nacht"

Drei Hunde Nacht

"Drei Hunde Nacht" am Deutschen Theater in Berlin

(Foto: Gerard Allon)

Die israelische Regisseurin Ofira Henig erzählt in ihrem Stück am Deutschen Theater Berlin vom langsamen Sterben. Es wirkt bemüht.

Von Mounia Meiborg

Es ist eine Geschichte, die niemand sehen will, weil jeder Angst hat, sie selbst zu erleben. Der Vater wird alt, krank, schwach. Sein Körper verfällt. Vom früheren Menschen bleibt wenig übrig. Aber tot ist er auch noch nicht. Das langsame Sterben ist vielleicht die größte Zumutung, die das Leben bereithält. Lange Zeit kam es im Theater und im Film kaum vor. Dann doch lieber ein plötzlicher Bühnentod verliebter Teenager.

Die israelische Regisseurin Ofira Henig erzählt in ihrem Stück "Drei Hunde Nacht" davon. Die Hinterbühne des Deutschen Theaters in Berlin ist mit schwarzem Stoff verkleidet. Vorne stehen vier Stühle, ein Wartesaal vielleicht. Die Schauspielerin Lani Shahaf sitzt da und spielt eine Frau aus Tel Aviv, die ihren Vater pflegt. Oder spricht sie. Denn Szenen gibt es an diesem Abend kaum.

Der Text besteht fast ausschließlich aus Monologen, die die vier Schauspieler frontal ins Publikum sprechen. Da ist die arabische Freundin, die auch mal einen kranken Vater hatte. Da ist der Schuldkomplex-beladene deutsche Liebhaber, der nicht als erster Sterbehilfe vorschlagen will. Und da ist seine Schwester, gespielt von der großartigen Almut Zilcher, die sein Helfersyndrom durch Ignoranz wettmacht. Bruder und Schwester reisen nach Tel Aviv, was die üblichen Völkerverständigungs-Problemchen hervorruft.

Die konstruierte Figurenkonstellation ist wohl den Produktionsumständen geschuldet. Die internationale Koproduktion würde das Herz eines jeden NGO-Mitarbeiters höherschlagen lassen: Israelis, Palästinenser und Deutsche stehen gemeinsam auf der Bühne, man spricht drei Sprachen, Nationalsozialismus und Nahost-Konflikt werden auch verhandelt. Peace business at its best.

Die Schauspieler lesen ein Dokument nach dem anderen vor, über NS-Euthanasie und Zwangsernährung palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen. Dazu liefern Videoprojektionen Wikipedia-Wissen. Es verwundert nicht, dass Ofira Henig - die wegen ihrer linken und regierungskritischen Haltung in Israel schon manchen Posten verloren hat - diese politischen und historischen Themen aufgreift. Aber es wirkt allzu bemüht. Auf der Strecke bleiben die Figuren. Über die erfährt man kaum etwas. Übrig bleiben Schauspieler, die Text sprechen. Und Zuschauer, die um einen aufregenden Theaterabend gebracht wurden.

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