Kurzkritik:Clash unterm Baum

Die Komödie "Auf ein Neues" im Bayerischen Hof

Von Barbara Hordych

München Mitunter lohnt es sich, genauer hinzuschauen, wenn da wieder wer vor der Haustür lagert. Könnte es doch sein, dass sich hinter der versifften Gestalt eines langhaarigen Clochards, der mit Gitarrenakkorden um sein täglich Brot klimpert, der Mann fürs Leben verbirgt. So zumindest suggeriert es Antoine Raults satirische Komödie "Auf ein Neues", die gerade unter der Regie von Martin Woelffer in der Komödie im Bayerischen Hof gespielt wird. Trotz des erwartbar guten Endes - nicht von ungefähr dominiert ein glitzernder Weihnachtsbaum das Bühnenbild - ist es insbesondere in der ersten Hälfte des Abends sehr vergnüglich, das Aufeinanderprallen der resoluten Karrierefrau Catherine (ausgesprochen energiegeladen: Marion Kracht) mit dem verwahrlosten Clochard Michel (erstaunlich wandlungsfähig: Daniel Morgenroth) zu verfolgen. Dass es überhaupt dazu kommt, hat wiederum Catherines fünfzehnjährige Tochter Sarah (schwer aufmüpfig: Lene Wink) zu verantworten, die ihrer geschiedenen Mutter gerne und oft Hartherzigkeit vorwirft. So auch an Heilig Abend, als Catherine den verpennten Musikus aus dem Hausflur jagt. Prompt zerrt Catherine den völlig Überrumpelten wieder herbei - und lädt ihn zum Weihnachtsessen ein. Da rümpft mit einem Mal das Töchterchen ob des müffelnden Gastes mehr die Nase als die Mutter, während der scheue Michel versucht, möglichst nicht zu schmutzen und unauffällig aus der Schusslinie zu gehen.

Eine Menge treffsicher inszenierter Situationskomik ergibt sich aus dem Clash der kontroversen Lebensformen, von den drei Akteuren scharfzüngig auf den Punkt gebracht. Dagegen fällt die zweite Hälfte des Stücks recht zahm aus: Der von Catherine einem "Resozialisierungsprogramm" unterzogene Michel sieht in Anzug und korrektem Haarschnitt schon so schwiegermuttertauglich aus, dass die Frage, wie lange die unterkühlte Catherine noch braucht, um zu erkennen, dass sie ihn liebt (er tut es sowieso von Anfang an), nur noch mäßig interessiert.

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