Kurzkritik:Am Ende lächelnd

Hans Söllner und seine Band in der Musik-Arena auf Tollwood

Von Christian Jooß-Bernau

Mittlerweile hat seine akustische Gitarre ein Loch in der Decke. Hineingearbeitete von seinen Fingern über Jahre, die er auf der Bühne stand. Es geht ihm nicht gut, diesem Sänger, der sein Konzert in der Musik-Arena auf Tollwood mit einer Wutrede beginnt in deren Zentrum die Landwirte und ihre Massentierhaltung stehen. Kurz vermisst man Sarah Lesch, die junge Liedermacherin, die angenehm begabt, freundlich und aufrecht, das Vorprogramm bestritt. Hans Söllners Mission: Jeder möge wenigstens ein Jahr auf Hendl verzichten. "Der Wind" singt er, über die Traurigkeit, die kommt und die Kraft, die stirbt. Mit der Hand tappt Stefan Hofer den Beat auf die Snare Drum. Der Tod, die Angst und die Vergeblichkeit sind im Zelt, bei diesem Konzertbeginn. Und nichts ist Show. "Sturm" - dieses Lied kann Rebellion sein. An diesem Abend ist es Untergang. "A jeda woaß doch, wos er is" ruft Söllner, schreit es, tobt es, aber sicher ist nichts.

Was dann geschieht, ist eine Wandlung. Hans Söllner, den der Groll treibt, vertraut sich dem Sound des Bayamann Sissdem an, seiner fünfköpfigen Band um Peter Pichler an Orgel und Akkordeon. "Ned Aloa" - keiner kann das Sissdem stoppen, wenn es einmal rollt. Und wie es so rollt, zieht doch ein Lächeln auf das Gesicht des Sängers. "Hey Staat" ist immer noch das beste Lied für ein selbstbestimmtes Leben trotz CSU, und es kommt hier locker im Reggae-Flow und sogar mit Lachfalten.

Söllners Gitarrentechnik ist nach all den Jahren schmucklos, sein Stimmumfang überschaubar. Aber die reduzierten Mittel beherrscht er als großartiger Musiker. Wie er sich mit seiner Gitarre in das Tempo von "Ein Schritt hintre" sucht ist bewundernswert souverän. Bei "Viet Nam" hat er einen Texthänger, setzt neu an und dann noch einmal, bittet das Publikum um Hilfe, fängt sich, schafft den Neueinstieg. Und bleibt doch immer im Beat. Es sind erinnernswerte Minuten dieses Abends, in denen man die Erkenntnis haben darf, dass die eigene Fehlbarkeit auch etwas Schönes sein kann.

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