Kunstmarkt:Mit Künstlern und Kunden wachsen

Kazuko Snow Dog

Kazuko Miyamoto wird von der Galerie Exile vertreten: „Woman in Snow“.

(Foto: Courtesy Kazuko Miyamoto and EXILE)

Messeauftritte garantieren Aufmerksamkeit, aber sie sind teuer. Lohnt sich der Aufwand für kleinere Galerien?

Von Astrid Mania

Wenn die Art Basel etwas tut, darf man dahinter immer eine Strategie vermuten. Selbstredend hat die Messe aller Messen ein vitales Interesse daran, dass der Kunstmarkt floriert und es dessen Teilnehmern nicht nur punktuell in Basel, Miami oder Hong Kong gut geht. Nun sieht die Art Basel, wie es deren Global Director Marc Spiegler jüngst in einem Interview äußerte, Handlungsbedarf bei den jüngeren Galerien - sie sollen künftig stärker beworben, auch soll ihnen der Zugang zu bestimmten Sektionen erleichtert werden. Die Art Basel nimmt eine Galeristen-Generation in den Blick, die junge Künstlerinnen und Künstler überhaupt erst in den Markt holt und, pragmatisch oder auch zynisch formuliert, als Nachschub-Lieferant unverzichtbar ist. Freundlicher formuliert: Sie sind der Erstkontakt vieler Künstler mit dem Markt.

Gleichzeitig sind die Galerien im bodenständigeren Preissegment natürlich auch der Ort, an dem Sammlerinnen und Sammler mit einem bodenständigeren Einkommen fündig werden, an dem sich manche überhaupt erst einmal als Käufer von Kunst erproben können. Auch wenn jene Händler jubeln dürfen, die mit den Millionen jonglieren - der aktuelle, unter dem Dach der Basler Messe entstehende Art Market Report hat es wieder einmal belegt: Ihre Klientel ist im Gegenzug entsprechend überschaubar. Nimmt man das Verhältnis von Preisstufen und Sammlerzahlen in den Blick, so belegt eine Grafik desselben Berichts, dass 69 Prozent aller Sammler in den letzten beiden Jahren bis zu 5 000 US-Dollar für Kunst und Antiquitäten ausgegeben haben, und das bevorzugt in Galerien und auf Messen.

Wer aber verbirgt sich hinter diesen 69 Prozent? Wie agieren die Galerien, die mit Kunst im vierstelligen und niedrigen fünfstelligen Bereich umgehen? Wie positionieren sie sich, gerade im Vorfeld des Berliner Gallery Weekends, gegenüber solch teuren Aufmerksamkeits- und Netzwerkmechanismen?

"Das ist sicher nicht der einzige Weg, sich auf dem Kunstmarkt zu behaupten"

Und können sie, wollen sie überhaupt nach Basel? "Nein." Anne Schwarz, seit 2011 in Berlin-Neukölln mit Schwarz Contemporary ansässig, ist da sehr entschieden. Eine Garantie für das wirtschaftliche Überleben sei die Teilnahme auf der Liste, der Art Basel oder beim Gallery Weekend nämlich keinesfalls. "Das ist sicher nicht der einzige Weg, sich auf dem Kunstmarkt zu behaupten", so ihr Fazit. Christian Siekmeier, dessen Berliner Galerie Exile dieses Jahr ihr Zehnjähriges feiern kann, sieht den Erfolg einer Galerie auch vorwiegend im Programm: "Wenn das Produkt nicht marktgerecht ist, hilft auch die beste Messe nicht." Er findet, dass das Geld grundsätzlich auf einer Messe oder einem Galeriewochenende mit seinem teuren Verköstigungsprogramm falsch investiert ist: "Von dem Geld, das ich etwa auf der Basler Liste ausgebe, kann ich ein Jahr lang meine Galerie bespielen."

Auch Anne Schwarz hat, nachdem sie u.a. an der Artissima in Turin, der NADA in New York oder der Art Rotterdam teilgenommen hat, ihre Messe-Aktivitäten nunmehr eingeschränkt. Die Teilnahme an Messen und Galeriewochenenden hat ihren Preis, und sie erfordert auch eine entsprechende Preispolitik. "Ich habe drei meiner Künstler direkt von der Universität der Künste in die Galerie geholt. Und ich will mit sehr jungen Künstlern arbeiten. Da wäre es unangemessen, gleich ab der ersten Ausstellung hohe Preise aufzurufen", gibt sie zu bedenken. "Wenn ich nur Arbeiten zwischen zwei- und viertausend Euro im Programm hätte, würde es die Galerie nicht mehr geben. Es sei denn, ich würde auf die Messen verzichten", so das Urteil von Lars Friedrich, ebenfalls seit 2011 in Berlin aktiv und Verfechter der Teilnahme an Messen. Friedrich leistet sich seit einigen Jahren die Pariser FIAC. Natürlich gehe es ums Verkaufen, aber auf die großen, internationalen Messen kämen eben auch viele freie und institutionelle Kuratoren. Deren Aufmerksamkeit zu erringen ist auch ein Grund, warum er dieses Jahr erstmalig beim Gallery Weekend Berlin, immerhin ein Kostenfaktor von netto 7.500 Euro pro Galerie, dabei sein wird: "Solche Power-Veranstaltungen sind terminlich fest verankert, und es ist fraglich, ob auswärtige Museumsleute mit ihren dichten Terminkalendern mehrmals im Jahr nach Berlin kommen." Er legt großen Wert darauf, dass Sammler und Kuratoren den Weg in die Galerie finden: "Wir sind keine Anfängergalerie, sondern machen seriöse Arbeit, und die soll auch wahrgenommen werden", so sein Wunsch.

Das Galerie-Handwerk steht auch für Gillmeier Rech im Vordergrund, die gleichfalls dieses Jahr beim Gallery Weekend und auf der nunmehr mit Berlin befreundeten Art Cologne debütieren. "Das Gallery Weekend ist das wichtigste Wochenende des Jahres und jede Galerie zeigt tolle künstlerische Positionen. Natürlich freuen wir uns deswegen sehr, mit im Programm zu sein", so Verena Gillmeier. Die Galerie, 2013 von ihr und Claudia Rech gegründet, fokussiert ihre Messe-Aktivitäten nach Exkursen Richtung Los Angeles und zur Dream Fair Basel dieses Jahr auf Deutschland. "Wir vertreten viele internationale Künstler. Darum macht es im Moment für uns mehr Sinn, die vielen, sehr interessierten Sammler, die es in Deutschland gibt, und die, die gerne nach Deutschland schauen, anzusprechen." Und sie zielen auf die eigene Generation: "Wir wollen keine Einmalkäufer, sondern persönliche Beziehungen, die mit uns und unseren Künstlern, die auch gleich alt sind, wachsen."

In den Neunzigerjahren war die Kunstwelt eine völlig andere

Auch wenn Lars Friedrich berichtet, dass sich unter seinen Sammlern mehr US-Amerikaner als heimische Sammler befinden, scheint es, dass die deutschen Kunden mittlerweile für das Geschäft der Berliner Galerien eine wesentliche Rolle spielen. Anne Schwarz preist ihre treuen Sammler, die überwiegend aus Deutschland oder dem Großraum New York stammten. Christian Siekmeier verkauft zwar seine älteren Künstlerinnen vorwiegend an Museen und Institutionen, doch es kämen auch neue Sammler auf ihn zu: "Man kann sicher sagen, dass in dem Maße, in dem sich Berlin gentrifiziert, auch einige Einstiegs-Sammler aus dem Start-up-Segment bereit sind, für ein paar Tausend Euro junge Kunst zu kaufen", so seine Beobachtung. "Und diese Kunst kauft man nicht, um zu spekulieren. Ich habe viele Sammler, die öfter zu mir kommen und sich ernsthaft für Kunst begeistern."

Dennoch stellt er, wie manche auch internationale Kollegen, das klassische Galerie-Modell infrage: "Besonders für junge Künstler ist, glaube ich, eine Galerievertretung gar nicht mehr so wichtig. Aufmerksamkeit kann man auch über andere, selbst organisierte Präsentationsformate erreichen." Die dann doch auf eine spätere Galerie-Repräsentanz abzielen? Reich, so sehen es Siekmeier und Schwarz, werden sie mit ihren Strategien sicher nicht. Vor allem Anne Schwarz ist da sehr pragmatisch: "Dass meine Generation nicht mehr erreichen kann, was die Generation in den 1990ern erreichen konnte, ist klar. Damals war die Kunstwelt eine völlig andere. Ich werde sicher nicht irgendwann in einer Villa am Wannsee wohnen. Aber, so what? Ich bin mit meinem Modell momentan sehr glücklich."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: