Kunstgeschichte:Hamburger Kunstverein

Kunstgeschichte: undefined
(Foto: MKG)

Eine Ausstellung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe zeigt die Geschichte des dortigen Kunstvereins und erzählt damit auch die Geschichte des bürgerlichen Kunstsinns nach.

Von Till Briegleb

Vor 200 Jahren gab es in Hamburg viel Kunst, aber nur hungernde Künstler. Während im Kunsthandel und in den Salons reicher Kaufleute vor allem Niederländisches zu finden war, blieb Philipp Otto Runge der einzige Maler mit Originalität vor Ort. Und auch der wurde in der Stadt, in der er an Tuberkulose starb, nicht sehr hofiert. Umso erstaunlicher ist es, dass der zweitälteste deutsche Kunstverein sich 1817 hier zusammenfand, und zwar ausdrücklich zur Förderung zeitgenössischer Kunst. Wenn dieses Jubiläum nun mit einer Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe (MKG) und im September auch vom Kunstverein selbst gefeiert wird, dann lässt sich an den Stationen dieses Clubs die ganze Geschichte des bürgerlichen Kunstsinns nacherzählen.

Vom privaten Zirkel wohlhabender Genießer, die einander ihre Kupferstiche zeigten, entwickelte sich der Kunstverein zu einer Ausstellungsinitiative, um lokalen Malern beim Verkauf behilflich zu sein. Später brachten die Mitglieder Werke in eine Vereinssammlung ein und sorgten sich um deren Expansion, bis man eine richtige Kunsthalle gründen musste. Im Schatten dieses 1869 eröffneten Museums florierte das private Engagement fort bis heute. Die Entdeckung neuer Künstler und ihre Würdigung in Ausstellungen blieb der Vereinszweck, dem sich an Orten rund um die Alster stets Hunderte Mitglieder verpflichtet fühlten. Und diese Pionierarbeit führte durch die ganze Kunstgeschichte von Philipp Otto Runge bis zu Pipilotti Rist.

Die Ausstellung im MKG konzentriert sich nun auf die ersten hundert Jahre und zeigt Exponate der damals aktiven Künstler. Darunter findet sich die angeblich erste Freilicht-Daguerreotypie überhaupt, die Menschen zeigt, nämlich die Protagonisten der Hamburger Kunstszene im Jahr 1843 in ihrem Sommerlokal. Mit Frack und Zylinder erscheinen diese Pioniere so skurril, als seien sie Murnaus "Nosferatu"-Film entsprungen. Der Bogen von dort zu den hippen Slackern, die heute im Kunstverein ihre Konzeptwerke zeigen, könnte größer kaum sein. Aber die Geschichte wiederholt sich trotzdem: Noch immer gibt es in Hamburg viel Kunst, aber kaum Künstler, die davon leben können. Es braucht also noch mehr Kunstverein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: