Man muss die Gesichter auf den Bildern von Piero della Francesca ansehen, um zu verstehen, warum die Werke dieses Malers vierhundert Jahre im Verborgenen dahindämmerten, um erst im späten 19. Jahrhundert entdeckt zu werden, und zwar als die Werke eines der vier, fünf wichtigsten Künstler der frühen Renaissance in Italien: Diese Gesichter sind still, sie wirken wie unbeteiligt an den Geschehnissen, von denen sie umgeben sind. Die Menschen haben, so scheint es, zwar die Gabe der Individualität empfangen. Aber diese Gabe ist kein Geschenk, sie macht nicht glücklich, sie schafft vor allem Distanz. An keinem der Werke Pieros ist dies deutlicher zu sehen als an der "Madonna del Parto", der schwangeren Mutter Gottes, die der Maler um das Jahr 1460 für eine Landkapelle in Monterchi schuf, einem kleinen Ort in der östlichen Toskana.
Kunst:Vom schönsten Bild der Welt
Sind seine Figuren einsam oder nur allein? Unterwegs zum Renaissancemaler Piero della Francesca, dessen 600. Geburtstag Italien feiert.
Von Thomas Steinfeld
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