Kunst und Mäzenatentum:Die Macht des Sammlers

Immer mehr Menschen wollen ihre Kunst in Museen zeigen - und reden bei Standort, Auswahl und Präsentation heftig mit.

Von Stefan Koldehoff

Auch so sehen die Folgen der zunehmenden Überalterung der Bundesrepublik Deutschland aus: Wer sich nach dem Krieg den Aufbau einer Kunstsammlung leisten konnte, hat inzwischen nicht nur das Rentenalter, sondern auch jenen Lebensabschnitt erreicht, in dem er sich Gedanken um seinen Nachlass machen muss. Will man nicht große Teile einer Kollektion dem Fiskus mittels Erbschafts- oder Schenkungssteuer schenken, muss man frühzeitig über eine andere Lösung verhandeln.

In den vergangenen Jahren führten solche Verhandlungen in einer Vielzahl von Fällen zur Gründung von Sammlermuseen.

Schenkung unter Bedingung

Dass sich Sammler schon zu Lebzeiten von dem trennen, was sie nicht selten ein Leben lang zusammengetragen haben, führt häufig zu Konflikten. Viele Mäzene wollen auch dann noch mitentscheiden, was mit ihrer Sammlung geschieht, wenn sie diese längst in öffentliche Obhut übergeben haben. Sie knüpfen ihre Schenkung oder Stiftung deshalb an entsprechende Bedingungen.

Viele Kommunen hingegen, welche die Ankaufsetats ihrer Museen längst gegen Null fahren mussten, glauben, sie könnten entsprechende Angebote nicht ablehnen. Sie buhlen deshalb auch um Sammlungen, deren Qualität fragwürdig ist. Die Stadt Köln etwa meinte vor drei Jahren, dem Angebot des in der Schweiz lebenden Unternehmers Gérard Corboud nicht widerstehen zu können, und ergänzte, wie von Corboud gefordert, den Namen des traditionsreichen Wallraf-Richartz-Museum um den des Sammlers.

Das Haus erhielt dafür eine Impressionisten-Sammlung mit einigen bedeutenden und vielen mittelmäßigen Werken. Der Buchautor und Expressionisten-Sammler Lothar-Günther Buchheim hielt jahrelang seine Heimatstadt Duisburg mit Versprechen hin, bevor er schließlich doch ein eigenes Museum am Starnberger See bekam.

Poker um Konditionen und Standorte

Der Poker um Konditionen und Standorte gehört längst zum regelmäßigen Geschäft der trennungswilligen Kunstsammler. Der süddeutsche Kunsthändler Alfred Gunzenhauser hielt sich unter anderem Leipzig, Stuttgart, München, Dresden und Murnau warm, bevor er seine ebenfalls qualitativ disparate Sammlung schließlich Chemnitz versprach.

Und in Bern feierte Kunstmuseums-Direktor Matthias Frehn bereits freudig den Einzug der "Brücke"-Sammlung von Hermann Gerlinger, als dieser überraschend verkündete, er sei mit dem Museum Moritzburg in Halle handelseinig geworden. Zuvor hatten sich auch Gottorf in Schleswig-Holstein und Würzburg Hoffnungen auf die Kollektion gemacht. Der Sammler stellt die Werke, beteiligt sich am Bau des Hauses und erhält dafür steuerliche Vorteile; für Betrieb und Unterhalt hat dann die Kommune zu sorgen.

So wie im Fall Flick sehen viele der Vereinbarungen aus, die zur Gründung von Sammlermuseen führen. Dass solche Verträge und die darin festgelegten aufwändigen Investitionen allerdings, wie nun in Berlin, nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum von sieben Jahren vereinbart werden, ist eher selten. Öffentliche Träger, die so verhandeln, laufen Gefahr, dass sie ihre Museen nur als Durchlauferhitzer zur Verfügung stellen, die dann wiederum den Kunstwerken zur Marktreife verhelfen sollen.

Dass es auch anders ginge, zeigt ein Sammlermuseum, das in vier Wochen in Baden-Baden eröffnet werden wird. Dort hat der Unternehmer Frieder Burda den US-Architekten Richard Meier ebenfalls mit dem Bau eines Gebäudes für eine private Kunstsammlung beauftragt. Burda übernimmt nicht nur die gesamte Baufinanzierung; er trägt auch die Betriebskosten für sein Museum. Bedingungen stellt er dafür nicht.

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