Kunst und Kommerz:Raubkunst in der Preußenstiftung

Eine jetzt als Dissertation veröffentlichte Studie erforscht den größten, wohl umstrittenen Kunstankauf zwischen 1933 und 1945.

Von Jörg Häntzschel

Vor drei Jahren kam, was selten passiert, Unruhe auf bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Damals wurde bekannt, dass das Gemälde "Pariser Platz in Berlin/Brandenburger Tor" von Oskar Kokoschka, das bis dahin im Büro des Präsidenten der Stiftung gehangen hatte, aus der Sammlung einer jüdischen Kunsthändlerin stammte. Heute weiß man: Die Berliner Museen hatten es 1935 zusammen mit 4000 anderen Werken von der Dresdner Bank erworben, es war die größte Kunsttransaktion zwischen 1933 und 1945. Viele wurden verkauft, doch 1600 Werke liegen noch immer in den Berliner Depots.

Eigentlich, so sollte man meinen, hätten Erwerbungen aus dieser Zeit längst aufgearbeitet sein sollen, zumal solche in diesen Dimensionen. Doch wenn ein Museumsverband mit 2000 Mitarbeitern sich nur eine einzige dauerhaft angestellte Provenienzforscherin leistet, bleibt eben manches liegen. Erst dem Engagement der sich damals ebenfalls durch eine Kette von Zeitverträgen hangelnden SPK-Mitarbeiterin Lynn Rothers ist es zu verdanken, dass die Details des gewaltigen Kunstverkaufs nun bekannt sind. Ihre in zehnjähriger Arbeit zu diesem Thema entstandene Dissertation "Kunst durch Kredit" ist eben erschienen (De Gruyter). Heute Abend stellt sie sie im Berliner Haus der Commerzbank am Pariser Platz vor.

Die Kunstwerke stammen zum großen Teil aus Sammlungen von Bank-Schuldnern, die ihre Kredite nicht bedienen konnten und dann gepfändet wurden. Etliche Werke sind als verfolgungsbedingt entzogen, also als NS-Raubkunst, einzustufen. Welche genau, das müssen die Berliner Museen jetzt auf der Grundlage von Rothers Arbeit herausfinden. Sie selbst arbeitet inzwischen als Provenienzforscherin am New Yorker Museum of Modern Art. Ihre Stelle ist unbefristet.

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