Kunst und Geschichte:Lange Geschichte

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(Foto: Stephane Maurice/AFP)

Erstmals könnte der Wandteppich von Bayeux, der die Eroberung Englands zeigt, außerhalb Frankreichs zu sehen sein.

Von Joseph Hanimann

Endlich etwas Erfreuliches neben all dem Würgen um Brexit und um die Migrantenfrage bei Calais. Der berühmte Bildteppich von Bayeux mit Szenen vom Sieg des Normannen Wilhelm der Eroberer über England im Jahr 1066 werde nach London ausgeliehen, hatte der französische Präsident Emmanuel Macron zu Beginn dieses Jahres angekündigt. Die Briten waren entzückt. Es handle sich um das bedeutendste Geschichtszeugnis für England, jubelte The Times.

Unmöglich! - hatten Fachleute nach der Ankündigung Macrons eingewandt: Der fast 70 Meter lange Teppich aus dem 11. Jahrhundert könne in seinem fragilen Zustand nicht mehr reisen. Das mit Wollfäden bestickte Werk auf Leinwand zeigt, wie Wilhelm vom englischen König Eduard die Krone versprochen bekam, nach dessen Tod 1066 jedoch von Harold Godwinson darum betrogen wurde und sie dann in der Schlacht von Hastings gewaltsam eroberte.

Der Abtransport des Teppichs nach London steht nun allerdings auch nicht gleich bevor. Die konservatorischen Vorbereitungen würden erst beginnen, sagte die französische Kulturministerin Françoise Nyssen. Wahrscheinlich wird es 2023 so weit sein. Dann bekommt Bayeux ein neues Museum und das stark beschädigte Werk müsste ohnehin abgehängt werden. Nur zweimal hat es Bayeux bisher verlassen, immer in Richtung Paris: Im Jahr 1804 auf Geheiß Napoleons und 1944 auf Wunsch der Nazis. Der Plan, es 1953 zur Krönung von Elisabeth II. nach England auszuleihen, zerschlug sich ebenso wie jener für die Neunhundertjahrfeier der Schlacht von Hastings 1966. Sollte es diesmal klappen, hätte die Operation auch eine hintergründige Symbolik. Die britischen Besucher in Bayeux seien seit dem Brexit erheblich weniger geworden, erklärt der Bürgermeister der Stadt. Mit der Ausleihe würde ihnen die historische Erinnerung vor die Nase gehalten verbunden mit der Einladung, gefälligst auch etwas zur Restaurierung des Werks beizusteuern.

© SZ vom 07.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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