Kunst:Reif für die Insel

Die Artmuc ist in ihrem fünften Jahr erwachsen geworden

Von Evelyn Vogel

Als vor vier Jahren die Kunstmesse Artmuc startete, empfand man sie als Fortsetzung der schon seit 2009 existierenden Stroke. Das lag nicht nur daran, dass hinter beiden Messen die gleichen Macher standen, die Brüder Marco und Raiko Schwalbe. Es lag auch daran, dass beide Messen aus dem Geist der Street- und Urban-Art geboren worden waren. Und so wurde ziemlich viel Gesprühtes oder krachig-bunt Artverwandtes gezeigt.

Bald schon versuchte die Artmuc aber, den Sektor für zeitgenössische Kunst zu forcieren. Mit Erfolg. Bei ihrer fünften Ausgabe spielt Street- und Urban-Art kaum noch eine Rolle. Dafür sind fast alle Formen zeitgenössischer Kunst vertreten. Und die Schwalbe-Brüder gehen mittlerweile offensichtlich getrennte Wege. Der eine macht die Stroke, die gerade zeitgleich im Werksviertel stattfindet, der andere verantwortet die Artmuc, die in diesem Jahr erstmals an zwei Orten zu sehen ist: auf der Praterinsel wie bisher und zudem im Isarforum auf der Museumsinsel.

Das kuratorische Konzept der Artmuc, das von einem "Creative Board" mit Kunsthistorikerinnen und Kunstvermittlern verantwortet wird, lässt noch immer viel zu, die Qualität ist aber etwas gestiegen. Es sind mehr als 120 Einzelkünstler, vor allem aus Deutschland, etliche auch aus Europa und einer aus China vertreten. Etwa die Hälfte kommt noch immer aus München und der Region. Dazu haben mehrere Galerien sowie öffentliche wie private Projekte und Plattformen Raum bekommen.

Kunst: Die Boxen im Ausstellungsraum im Isarforum auf der Museumsinsel werden von einzelnen Künstlern bespielt. Eine ganze Ebene der Füllhalle ist den Galerien und Plattformen vorbehalten.

Die Boxen im Ausstellungsraum im Isarforum auf der Museumsinsel werden von einzelnen Künstlern bespielt. Eine ganze Ebene der Füllhalle ist den Galerien und Plattformen vorbehalten.

(Foto: Catherina Hess)

So bespielt auch das Kulturreferat mit vier Künstlerinnen aus dem Atelierhaus an der Dachauerstraße eine Koje, um, wenn auch nicht ganz überzeugend, die Stärke der heimischen Künstlerszene zu demonstrieren. Die Domagk-Ateliers präsentieren sich in einer Gemeinschaftsaktion. Kitty & Joy, Preisträgerinnen des 2:1-Kunstpreises der Stiftungsplattform Sonet, stellen passenderweise ihr Konzept eines Boulevard-Lifestylemagazins für angehende Künstler vor. Denn schließlich geht es für die Aussteller, die sich überwiegend ohne Galerie selbst vermarkten, auch darum, wie sie dies am besten tun. Und unter dem Stichwort "Directors Choice" sind zudem Künstler zu sehen, die als eine Art Wiederentdeckung präsentiert werden.

Mithin am künstlerisch problematischsten sind bei dieser Artmuc die Galerien, die in der Füllhalle auf der Praterinsel eine ganze Ebene belegen. Einige haben gute Künstler dabei und präsentieren diese auch gut. Es sind aber auch welche vertreten, die mit ihrem kreischig-krachigen Trash die Kojen derart überziehen, dass man nur zusieht, ganz schnell weiterzukommen. Gewiss werden aber auch sie ihre Fans unter einem Publikum finden, das mit der Artmuc gemeinsam zwar etwas kunstaffiner und älter geworden ist, aber immer noch weniger auf Qualität achtet als auf international renommierten Kunstmessen.

Kunst: Unter anderem stellt hier die Bildpark Gallery den Landsberger Künstler Frederic Paul mit seiner Bilderserie "Faces" vor sowie Arbeiten der Fotokünstlerin Bree Corn.

Unter anderem stellt hier die Bildpark Gallery den Landsberger Künstler Frederic Paul mit seiner Bilderserie "Faces" vor sowie Arbeiten der Fotokünstlerin Bree Corn.

(Foto: Catherina Hess)

Am üblichen Kunstmessenrahmen orientiert sich der Ausstellungsraum im Isarforum auf der Museumsinsel. Fast streng sind die Kojen, die hier Boxen genannt werden. Die Hallen auf der Praterinsel haben teils diese neueren Boxen, teils die alten Stellwände. Die Flächen kosten zwischen 500 Euro und knapp 4000 Euro. Ein Spottpreis also im Vergleich zu den Großen des Geschäfts. Im Haus 3 auf der Praterinsel, das noch immer den morbiden Charme der aufgelassenen Industriearchitektur verströmt, arrangiert man sich zum Teil mit den Originalwänden. Hier ist auch die Digitalkunst von Betty Mü und Cendra Polsner zu finden - sie könnte einer der Renner auf der Messe werden. Polsners Mapping auf (und das ist wörtlich zu nehmen) Messers Schneide hat was. Und Betty Müs digital-analoge Sound-Licht-Objekt-Installation ist ein Gesamtkunstwerk mit Wohlfühlcharakter. Ob solche Arbeiten auch gekauft werden, es sich für die Künstler also finanziell lohnt, sei dahingestellt. In jedem Fall aber ist die Artmuc ein wenig erwachsener geworden.

Artmuc, Praterinsel und Isarforum am Deutschen Museum, Do., 10., - So., 13. Mai, Do.-Sa. 12-20 Uhr, So. 12-18 Uhr

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