Hätte es die syrische Rebellion überhaupt gegeben ohne die Kunst? Ohne Graffiti wohl nicht, denn mit dieser begann die Revolution. Nun zeigt eine Berliner Galerie erstmals das künstlerische Schaffen der Aufständischen. In vielen Werken ist die Freiheitsgeste präsent, bei erstaunlich wenig Pathos und viel Witz und Ironie.
Der Künstler Ahmed Ramadan wusste nicht, wie ihm geschah. In Tartus, einer syrischen Stadt am Mittelmeer, wurde sein Auto von schwer bewaffneten Männern angehalten und er wurde mit seiner deutschen Lebensgefährtin ins Staatssicherheitsgefängnis nach Damaskus verschleppt. "Man stülpte mir eine Tüte über den Kopf. In meiner Zelle sah ich dann die verknoteten Kabel, die zur Folter bestimmt waren. Und ich bemerkte, dass die braunen Flecken an den Wänden Körperausscheidungen meiner Vorgänger waren." Den Mann, der ihn verhörte, bezeichnet er später als "Teufel in Person."
Ahmed Ramadan durfte nach Deutschland ausreisen - doch das Trauma jener Nacht spukt weiter in seinem Kopf. Es wird Thema seiner Kunst: Abstrakte Gemälde, graue, schwarze und rostfarbene Flecken mit roten Spritzern, vor großen weißen Hintergrundflächen: "Ich wollte die Angst zeigen, etwas, das wie eine Explosion aussieht. Die weißen Flächen stehen für die Leere und Ohnmacht dieses Moments", erzählt der 24-jährige Ramadan, ein hochgewachsener, sehr schlanker Mann mit braunen Augen und dunklen Locken.
Seine Kunst ist jetzt in einer Berliner Galerie nahe dem Checkpoint Charlie zu sehen, der "Forum Factory". Zusammen mit etwa fünfzig anderen Werken syrischer Künstler ist hier noch bis zum 19. August Malerei, Video- und Internetkunst, Fotografie und Karikatur zu bestaunen (zum virtuellen Rundgang hier). Es ist eine irrlichternde Kunst: jung, frech auch, vor allem sehr lebendig. Werke, die so frisch wirken, als sei die Farbe noch nicht trocken, der letzte Schnitt nicht gemacht.
Zavien Yousaf, Ohne Titel, Damaskus 2012