Kunst:Fette Beute

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2017 so viele Neuerwerbungen wie nie fürs Lenbachhaus

Von Evelyn Vogel, München

So viele Lobpreisungen und Glücksbekundungen und so viel allgemeine Zufriedenheit erlebte man bei der Jahrespressekonferenz des Lenbachhauses, dass man sich fragte, ist da mehr dahinter als das, was man hört und sieht? Wobei man schon so einiges zu hören und zu sehen bekam. Museumsdirektor Matthias Mühling sprach vor dem Hintergrund der vielen Neuerwerbungen und angesichts des neuen Nebeneinanders der Rudolf-Schlichter-Porträts von Bertolt Brecht und Helene Weigel von "einem der glücklichsten Momente in der Geschichte des Museums". Und Martin Hoernes von der Ernst von Siemens Kunststiftung lobte die gute Zusammenarbeit und das "schnelle und diskrete Handeln" bei der Auktion, bei der man das Weigel-Porträt für 600 000 Euro als Dauerleihgabe für das Museum erwerben konnte.

Auch Kulturreferent Hans-Georg Küppers kriegte sich kaum noch ein angesichts guter Besucherzahlen (mehr als 243 000), verkaufter Jahreskarten (mehr als 20 000) und insbesondere des Erfolgs der Münter-Ausstellung, bei der auch der Katalog-Verkauf außergewöhnlich gut war. Das zeige, so Küppers, "dass die Menschen sich nachhaltig mit der Ausstellung beschäftigen". Zudem lobte er Matthias Mühling derart über den grünen Klee, dass man sich unweigerlich fragte: Ist der Lenbachhaus-Chef auf dem Absprung zu einem ganz großen Haus und Küppers' öffentliche Lobeshymne versucht noch zu retten, wo nichts mehr zu retten ist? Davon könne keine Rede sein, versichert Mühling auf Nachfrage. Er liebe dieses "kleine Haus", habe noch viel vor, und Küppers' Lob sei doch wirklich "rührend" gewesen.

Was er 2018 tatsächlich alles vorhat, stellte er sodann vor. Bei "I'm a Believer" wird es von März an Pop Art und Gegenwartskunst aus dem Lenbachhaus und der KiCo Stiftung zu sehen geben. Dabei kommt man natürlich nicht an Andy Warhol vorbei, der bewiesen habe, so Mühling, "dass man den Kapitalismus umarmen und zugleich kritisieren kann". Aber auch unbekannte Pop-Art-Werke wie die der Filmemacherin Ulrike Ottinger werden gezeigt. Zudem wird Gerhard Richter in einem von ihm eigens für das Lenbachhaus eingerichteten Raum die fotografische Umsetzung seiner Birkenau-Serie als Leihgabe zur Verfügung stellen.

Der Münchner Künstler Stephan Dillemuth wird seine erste große Einzelausstellung erhalten (April bis September). Mit der Licht- und Sound-Installation "White Circle" (Mai bis Juli) will man auch im Hinblick auf ein junges Publikum an die Kraftwerk-Ausstellung von 2011 anschließen. Und bereitet zugleich das Neon-Thema vor, das im Juli in der Dan-Flavin-Schau "Untitled (for Ksenija)" mündet - zu Ehren des großen Sammlers, Galeristen und Museumsmannes Heiner Friedrich, der in diesem Jahr 80 wird. Im Herbst folgt die Ausstellung "Phantastisch!", bei der das Lenbachhaus die persönlichen und künstlerischen Verflechtungen zwischen Alfred Kubin und dem Blauen Reiter darstellen will. Um frühe Abstraktion geht es in der Präsentation mit dem Titel "Weltempfänger" mit Werken von Georgiana Houghton, Hilma af Klint und Emma Kunz. Dies sei eine "große Herzensausstellung" schwärmte Mühling, weil hier schon 1860 eine "Utopie der Abstraktion" geschaffen wurde, die deutlich gemacht habe: "Die Welt ist viel mehr als das, was man sieht."

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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