Kunst:Einfache Dramen

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Innige Verbindung von Politik und Religion: die Ausstellung über Vittorio und Benedetto Carpaccio.

Von Thomas Steinfeld

Es ist das Rot, das von den Gemälden Vittore Carpaccios zuerst im Gedächtnis bleibt, ein intensives, dunkel leuchtendes Rot. Es färbt den Mantel des Apostels Paulus (1520), so wie er, mit gezücktem Schwert, offenem Buch und das Herz von einem Kreuz durchbohrt, gewöhnlich in der Kirche San Domenico in Chioggia hängt; es kleidet die Madonna auf dem Thron (1519), so wie sie in San Tommaso in Pozzale das Kind auf dem Schoß trägt. Und es fließt aus dem grünen Drachen, dem der Heilige Georg die Lanze ins aufgerissene Maul gestoßen hat - dieses Gemälde aus dem Jahr 1516 befindet sich normalerweise in einem privaten Raum im Benediktinerkloster auf San Giorgio Maggiore in Venedig, zwar gleich gegenüber von San Marco gelegen, aber doch dem Publikum verborgen. Mehr als bei allen seinen Zeitgenossen gilt für Vittore Carpaccio, dass es für die geografische Streuung dieser Werke einen Grund gibt, der weit über die Zufälle des Auftragswesens hinausgeht: In ihm konzentriert sich nicht nur die politische Repräsentation Venedigs im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert, sondern auch die bildliche Reflexion der Stadt auf sich selbst.

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