Kunst:Der Menschen-Macher

So oft wurde Leonardo da Vinci kopiert und als Vorbild gepriesen, dass man kaum noch weiß, was der Renaissancekünstler eigentlich selbst wollte. Eine große Mailänder Schau klärt nun auf.

Von Kia Vahland

Klein sieht er aus, fast zart. Der Bauch eher schlank als trainiert, das fein gefurchte Gesicht von traurigem Ernst. Seit nun schon 525 Jahren rudert Leonardo da Vincis "Vitruvmann" mit Armen und Beinen in Kreis und Quadrat. Das schmale Kerlchen hat viel zu tun. Es genügt nicht, dass er sich auf dem hauchdünnen originalen Blatt abmüht, auf dem ihm der Künstler einst eine Zirkelspitze in den Bauchnabel rammte, um zu ergründen, wie sich menschliches und mathematisches Maß zueinander verhalten. Seine angebliche Modernität, die Messbarkeit des Humanen, muss der Unbekleidete längst anderswo beweisen: auf Chipkarten von Krankenkassen, der Ein-Euro-Münze, in Logos und Werbebroschüren aller möglichen Technologiefirmen, die ohne solchen Auraraub noch fader aussähen.

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