Kunst auf Telekom-Kästen:Schandkästen

Die Telekom erlaubt Graffiti-Künstlern, die grauen Kabelverzweiger-Kästen zu verschönern. Mancher vermutet dahinter Ausbeutung.

Von Varinia Bernau

Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Bei der Deutschen Telekom hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass bunt zumindest schöner ist als grau.

Mehr als 100 000 Kästen stehen an deutschen Straßenrändern. Die Techniker der Telekom nennen sie Kabelverzweiger, weil ein dickes Kabel hinein und mehrere dünne wieder hinaus führen. Noch lieber sprechen sie von Multifunktionsgehäusen, weil dort nicht mehr nur ein Telefonat auf ein Kupferkabel gesetzt wird, sondern auch Datenpakete aus einer Wohnsiedlung angenommen und über Kabel aus Glasfaser hinaus in die weite Welt geschickt werden. Dazu werden elektrische Signale so umgewandelt, dass man sie als Lichtstrahl zügig transportieren kann.

Tiefschwarz ist verboten

Diese grauen Kästen gibt die Telekom nun für Künstler frei. Eine E-Mail an den Konzern genügt - mit einem Foto des auserwählten Kasten und einer Skizze des Kunstwerkes, das dort entstehen soll. Kommerzielle, aber auch religiöse Botschaften sind tabu. Ebenso wie tiefschwarz. Das kann nämlich dann zu Hitzestaus führen und die Technik im Kasten empfindlich stören.

Dass der Bonner Konzern nun von magenta auf bunt schaltet, wertete mancher im Netz bereits als eine perfide Art, die Kästen für lau aufhübschen zu lassen. In Bonn betont man, dass dies lediglich ein Angebot sei. Ein Honorar zahlt die Telekom Graffitikünstlern zwar nicht. Sie könnte sich aber vielleicht Reinigungskosten sparen.

Dirk Schilling, Gebäudereiniger und Sachverständiger für durch Graffiti entstandene Schäden, schätzte, dass es im Schnitt 100 Euro koste, einen Kasten von misslungener Kunst zu befreien.

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