Kulturpolitik:Neuer Mann für das Humboldt-Forum

Lars-Christian Koch wird "Sammlungsdirektor" in Berlin. Ein weiterer weißer Europäer an der Spitze von Deutschlands wichtigstem Kulturprojekt - das ist kein gutes Signal. Aber die Berufung hat auch ihre guten Seiten.

Von Jörg Häntzschel

Am Humboldt-Forum in Berlin ist eine wichtige Personalie entschieden: Lars-Christian Koch wird "Sammlungsdirektor" und damit der wichtigste Mann in Deutschlands größtem Kulturprojekt nach dem Intendanten. Das hat der Rat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz auf seiner Sitzung am Montag beschlossen. Koch, 59, ist Musikethnologe und leitet zur Zeit kommissarisch das Ethnologische Museum in Dahlem. Ursprünglich hatte Inés de Castro, die Direktorin des Stuttgarter Lindenmuseums, den Posten übernehmen sollen. Doch sie sagte nach den Verhandlungen im Februar ab.

Mit Koch wird - nach den drei Gründungsintendanten - ein weiterer weißer Europäer auf eine Leitungsstelle des Projekts berufen. Dabei soll es doch laut Koalitionsvertrag eine "internationale Dialogplattform für globale kulturelle Ideen" werden. Doch angesichts der Querelen um das Projekt dürfte er der richtige Mann sein. Koch gilt als anerkannter Wissenschaftler. Und während der Grabenkämpfe der letzten Monate erwies er sich als umgänglicher Mittler. Nominell ist er als "Sammlungsdirektor" vorerst Direktor des geschlossenen Ethnologischen Museums, demnächst auch des Museums für Asiatische Kunst. Im Humboldt-Forum wird er künftig für die 12 000 Exponate verantwortlich sein, die im Schloss vier Stockwerken füllen werden. Unklar ist, wie seine Rolle im Machtgefüge des Forums definiert sein wird. Der Titel "Sammlungsdirektor" wurde gewählt, um klarzustellen, dass der künftige Mann nicht die Autonomie eines regulären Museumsdirektors besitzt. Und nicht nur das: Koch könnte zwei Arbeitsverträge und zwei Vorgesetzte haben: Zu 70 Prozent wäre er dann seinem derzeitigen Chef, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), Hermann Parzinger, unterstellt; zu 30 Prozent dem künftigen Intendanten des Humboldt-Forums, der bei einer anderen Institution, der Schlossstiftung, angesiedelt sein wird.

So jedenfalls sieht es eine Variante der Governance-Struktur vor, um die SPK und Schlossstiftung seit Monaten ringen: eine alteingesessene, aber angeschlagene, und eine neue, aber von der Politik gehätschelte Institution. Beide haben sich in den letzten Monaten gründlich zu hassen gelernt.

Für die SPK ging es darum, den Fortbestand ihrer Museen zu retten. Der stand in Frage, seit Kulturstaatsministerin Monika Grütters angeordnet hatte, das Forum, solle ein "Haus aus einem Guss sein", geformt von einem Intendanten. Viele Kuratoren hatten befürchtet, die Museen würde ihre besten Stücke an das Forum ausliefern und danach als Institutionen von der Bildfläche verschwinden. So wird es nun nicht kommen. Die Museumsstatuten sollen auch im Humboldt-Forum gelten. Und Koch ist ein Kenner der Sammlung und wird dem Intendanten nicht vollständig unterstellt sein. Ein Kooperationsvertrag soll noch definieren, wie diese Doppelzugehörigkeit aussehen soll. Mit seiner Berufung hat Parzinger seine Kontrolle über das Forum weiter konsolidiert. Der künftige Intendant hat nun noch etwas mehr Spielraum verloren.

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