Kulturaustausch:Neuer Anfang in New York

Ein Haus der Bundesrepublik in Manhattan wird wiederbelebt. Über Jahre stand die ehemalige Adresse des Goethe-Instituts gleich gegenüber dem Metropolitan Museum leer, in bester Lage, aber fern von jungem Publikum. Jetzt bastelt man an einem neuen Konzept.

Von Jörg Häntzschel

Deutschland hat viele Probleme, aber kaum eines ist so angenehm wie dieses: Das prächtige New Yorker Stadthaus an der Fifth Avenue, das die Bundesrepublik 1959 gekauft hat, und in dem bis 2009 eine der Flagship-Filialen des Goethe-Instituts residierte, steht seit 2009 leer. Seitdem wusste niemand, was damit anzufangen sei. Nach langer Diskussion hat das Auswärtige Amt nun ein Konzept erarbeitet. Das Haus soll Sitz einer noch zu gründenden Institution werden, an dem Goethe nur noch von ferne beteiligt ist. Arbeitstitel: German American Center.

In den 50 Jahren seines Bestehens sind fast alle wichtigen deutschen Künstler, Denker, Schriftsteller durch die Türen von 1041 Fifth Avenue gegangen. Dann, 2009, waren sie zu: Die nach 9/11 verschärften feuerpolizeilichen Auflagen stoppten den Betrieb. Doch die Trauer darüber hielt sich beim damaligen New Yorker Goethe-Chef Stephan Wackwitz in Grenzen. Ein Haus gegenüber vom Metropolitan Museum mit seinen acht Millionen Besuchern jährlich: Das klingt gut. Tatsächlich aber tendierten die Mitnahmeeffekte gegen null. Und vor allem abends ist hier an der Upper East Side außer Hundebesitzern und spät heimkehrenden Investmentbankern niemand auf der Straße. Wackwitz suchte Ausweichquartiere deshalb in Soho und an der Lower East Side, wo die Galerien, Bars und einschlägigen Kulturinstitutionen sitzen, und wo Menschen unter 50 sich auf die Füße treten. Von dort will das Goethe-Institut nun nicht mehr weg.

Weil man die Prestigeimmobilie aber auch nicht verkaufen wollte, musste eine neue Nutzung her, die an die Historie des Hauses anknüpft, es aber erlaubt, private Mittel einzutreiben für den Unterhalt und die teure Renovierung. Die ist jetzt gefunden. Das German American Center soll ein transatlantisches Debattenzentrum werden, mit einem Residenz-Programm für Künstler, Forscher, Schriftsteller. Einen Start-up-Unternehmer als Stipendiaten kann man sich im Auswärtigen Amt aber ebenso vorstellen. Hauptsache, so heißt es, die Bewohner gingen raus und stimulierten den in den letzten Jahren etwas erlahmten transatlantischen Diskurs. Anders als bei Goethe ist die Wirtschaft willkommen: als Mieter für Vorstandstreffen, Sponsor und Debattenteilnehmer, so stellt man es sich vor. Ob im Erdgeschoss eine deutsche Buchhandlung einzieht oder ein deutsches Café, ist nur eine der noch offenen Fragen.

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