Kultur:Experiment und Expression

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Zwischen moderner Klassik und modernem Jazz: Die Pianistin und Komponistin Kaja Draksler ist am Samstag zu erleben. (Foto: Sara Anke)

Alle zwei Jahre bündelt die monatliche Konzertreihe Jazz+ in der Seidlvilla Künstler in einem Festival - diesmal mit viel Lust an innovativer Improvisation

Von Oliver Hochkeppel

Seit 1994 gibt es die kleine, umso feinere monatliche Konzertreihe "Jazz+" in der Schwabinger Seidlvilla. So kompetent wird sie vom Schlagzeuger Martin Kolb und einem Team Vertrauter betreut und bestückt, dass sie mittlerweile nicht nur vom Bezirksausschuss, sondern auch vom Kulturreferat unterstützt wird und zweimal mit dem von der Initiative Musik bundesweit ausgereichten Spielstättenprogrammförderpreis "Applaus" ausgezeichnet wurde. 2014 feierte man das 20-jährige Bestehen mit einem kleinen Festival - was so gut ankam, dass daraus eine biennal veranstaltete Dauereinrichtung geworden ist, die dem Programm noch einmal ein Glanzlicht aufsteckt.

Wieder sind es vier sorgsam ausgewählte Bands, die mit ihrer musikalischen Potenz perfekt für die nach vorne gerichtete Ausrichtung der Reihe stehen - so international wie heuer war es allerdings noch nie. So wie das Damen-Duo der deutschen, aber seit neun Jahren in New York lebenden Saxofonistin Ingrid Laubrock und der kanadischen Pianistin Kris Davis, mit dem es am Freitag losgeht und das die Lust der Veranstalter auf innovativer Improvisation repräsentiert. Beide sind sie nämlich vor allem in der Experimentalmusik zu Hause, Laubrock außer mit ihrem eigenen Septet unter anderem bei Sleepthief und Anthony Braxtons Falling River Music Quartet, Davis mit dem Schlagzeuger Tyshawn Sorey und in Bands wie Obbligato und Capricorn Climber. Beide spielen sie im Ensemble Anti-House, wo sie sich auch kennenlernten.

Weiter geht es zwar ebenso experimentell, aber etwas zugänglicher: Tobias Hoffmann ist nicht nur einer der besten deutschen Jazzgitarristen, er ist auch einer der vielseitigsten. Der Kölner gehört nicht nur zum immer wieder mit verwegenen Projekten aufwartenden dortigen Musikerkollektiv Klaeng und veranstaltet auch Konzertreihen in seiner Heimatstadt, mit dem Schlagzeuger Max Andrzejewski spielt er in dessen preisgekrönter Band Hütte wie in der Surf-Music-Powerband Expressway Sketche, wo auch der neue österreichische Star-Bassist Lukas Kranzlbinder mit von der Partie ist. Im eigenen Trio mit Frank Schönhofer am Bass und Etienne Nillesen am Schlagzeug, das in der Seidlvilla auftritt, geht es stiloffen und alle Genres zertrümmernd quer durch die Musikgeschichte. So virtuos, explosiv und lebendig, dass Hofmann für das Debütalbum "11 Famous Songs Tenderly Messed Up" 2015 den Echo Jazz und im Jahr darauf den WDR Jazzpreis bekam. Beim Jazz+ Festival stellen die Drei ihr zweites Album "Blues, Ballads & Britney" vor.

Den Samstagabend eröffnet die aus Slowenien stammende, seit dem Studium in Amsterdam lebende Pianistin und Komponistin Kaja Draksler solo. Doch auch ganz alleine - sie spielt sonst oft in Duos, Trios, im eigenen Oktett sowie mit Orchestern - wird ihr Ansatz zwischen moderner Klassik und modernem Jazz deutlich werden. Ins große Finale geht es mit Enemy, dem wegweisenden Trio des Pianisten und Keyboarders Kit Downes, einer mit diversen wichtigen Preisen ausgezeichneten und bei Festivals auch als Kurator gefragten Schlüsselfigur der jungen britischen Jazzszene.

Jazz+ Festival , Freitag und Samstag, 4. und 5. Mai, 20 Uhr, Seidlvilla, Nikolaiplatz 1b, 33 31 39

© SZ vom 03.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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