Künstler Francis Bacon:Der Schreckensmaler

Francis Bacon

Francis Bacon, aufgenommen 1970 in London

(Foto: dpa)

Ein Gemälde von Francis Bacon ist seit diesem Dienstag das teuerste Bild, das je versteigert wurde. Doch schon zu Lebzeiten verdiente der irische Maler mit seinen Bildern Millionen. Sein Hauptmotiv war der körperliche Schmerz, der ihn offensichtlich nicht nur künstlerisch, sondern auch sexuell animierte.

Als Francis Bacon im April 1992 während einer Reise in Madrid an einem Herzinfarkt starb, da gehörte er schon zu den am teuersten gehandelten Künstlern der Welt. Bis heute ist er als der wohl bedeutendste britische Maler des Jahrhunderts anerkannt.

Sein Tryptichon "Three Studies of Lucian Freud" ist nun mit 142,4 Millionen Dollar (106 Millionen Euro) das teuerste Gemälde, das je bei einer Auktion verkauft wurde. Der Preis des Bildes liegt etwa 22 Millionen Dollar über dem 2012 versteigerten "Schrei" von Edvard Munch, der bislang das teuerste Werk war, das je bei einer Auktion den Eigentümer wechselte.

Anmerken ließ sich Bacon seinen Ruhm zu Lebzeiten nie. Von der etablierten Gesellschaft hielt er sich fern, die Kunstwelt und der Medienrummel waren nicht sein Ding.

Trotz seines Reichtums lebte er in einem kleinen Häuschen im Londoner Stadtteil South Kensington, sein Atelier glich einer Rumpelkammer. Sein Alterswerk war etwas ruhiger und gelassener geworden, doch mit seinen beängstigenden, bedrückenden Werken hatte er die Welt entweder fasziniert oder abgestoßen. Eine seiner namhaftesten Gegnerinnen war Großbritanniens frühere Premierministerin Margret Thatcher. Sie bezeichnete ihn als "den Mann, der diese fürchterlichen Bilder malt".

Geboren wurde Bacon, Sohn eines englischen Pferdezüchters und Berufssoldaten, am 28. Oktober 1909 in Dublin. Der berühmte irische Philosoph und Staatsmann Francis Bacon (1561-1626) ist einer seiner Vorfahren - doch philosophisch ging es in seinem Elternhaus nicht zu. Weil der Vater während des Ersten Weltkriegs im Kriegsministerium arbeitete, pendelte die Familie zwischen Dublin und London. Bacon ging kaum zur Schule.

Kellner, Diener und Roulette-Spieler

Als er zum ersten Mal seine Homosexualität offen zeigte, schickte der Vater ihn 1926 zur Arbeit in ein Londoner Büro. Doch Bacon setzte sich nach Berlin ab, zog anschließend weiter nach Paris. Es waren die Jahre, in denen der Autodidakt seine ersten Versuche als Maler wagte.

Um Geld zu verdienen, arbeitete er als Kellner und Diener, später schuf er sich ein Einkommen mit Innenarchitektur-Designs wie etwa Möbelentwürfen. In den Dreißiger Jahren versuchte er, sich als Künstler zu etablieren. Als das nicht klappte, wurde er professioneller Roulette-Spieler.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg war die Welt bereit für seine Werke. Sein 1944 entstandenes Triptychon "Drei Studien zu Figuren am Sockel einer Kreuzigung" löste bei einer Ausstellung im Folgejahr heftige Diskussionen aus, wodurch sein Name bekannter wurde. Hatten die Galerien den Ankauf von Bacons Werken in den Dreißigerjahren noch mit dem Hinweis verweigert, dass seine Bilder rückwärts gewandt seien, kaufte das Museum of Modern Art in New York 1948 sein Gemälde "Painting" (1946) für stolze 240 Pfund Sterling an. Der internationale Durchbruch kam 1962 mit einer großen Retrospektive in der Londoner Tate Gallery.

Leiden ohne Sinn

Bacon lässt sich nur schwer in gängige Kategorien einordnen. Inspiriert war er von der Tradition der europäischen Schreckensmalerei, von Hieronymus Bosch und Francisco de Goya, Diego Velázquez bis hin zu den Surrealisten. Von den modernen Malern hatte ihn Picasso am meisten beeinflusst.

Seine Gemälde geben den körperlichen Schmerz wieder, degradieren Mensch und Vieh zur Kreatur, zum anonymen Geschöpf. Der offene Körper, das blutende Opfer und das rohe Fleisch werden auf ihre Physis reduziert und stehen für ein Leiden ohne Sinn.

Als prägend für das Schaffen Bacons gilt eine Szene aus Sergej Eisensteins Stummfilm "Panzerkreuzer Potemkin" aus dem Jahr 1925. Die Szene, in der eine Krankenschwester mit blutverschmiertem Gesicht und einer zerbrochenen Brille auf der Nase Verzweiflungsschreie ausstößt, hing als Filmstill in seinem Atelier. In Bacons Frühwerk tauchte das Motiv der Gestalt mit geöffnetem Mund laufend auf, auch später war der Schrei in mehr oder weniger starker Form immer wieder präsent in seinen Bildern.

Seine Bilder sind mit verformten Torsi, verzweifelt aufschreienden gequälten Kreaturen, Körpern in gräßlicher Zerstörung bevölkert. Zuerst verwendete Bacon verhaltenere Töne, später wurden die Farben immer greller. Er mischte Staub, Sand und Dreck in die Farbe. Als Werkzeuge dienten ihm auch Stahlwolle oder alte Pullover.

Fasziniert von gewalttätigen Männern

Bacons Motivwahl war womöglich auch dadurch beeinflusst, dass er sich sexuell zu gewaltätigen Männern hingezogen fühlte. Von einem Stoß durch ein Fenster durch seinen Liebhaber Peter Lacy habe er schwere Gesichtsverletzungen davongetragen, doch danach habe er Lacy umso mehr geliebt, schrieb die englische Zeitung The Telegraph unter Berufung auf einen Artikel des Kunstkritikers John Richardson im New York Review of Books.

Nachdem sich Lacy in Tanger zu Tode gesoffen hatte, lernte Bacon den Kriminellen George Dyer kennen, der versucht hatte, in seine Wohnung einzubrechen. Der gefeierte Künstler begann eine Beziehung mit dem Einbrecher, der in der Folge allerdings mehr und mehr der Trunksucht verfiel. Am Vorabend einer großen Retrospektive im Pariser Grand Palais wurde Dyer schließlich tot in seinem Hotelzimmer aufgefunden, vermutlich beging er Suizid durch Tabletten- und Alkohol-Missbrauch.

Sowohl den Tod Lacys als auch Dyers verarbeitete Bacon in mehreren Bildern (etwa "Triptychon" August 1972; "Triptychon" Mai-Juni 1973). Seine "Study for Portrait of P.L." mit der er 1962 Peter Lacy gedachte, sollte in diesem Jahr bei Sotheby's für bis zu 40 Millionen Dollar versteigert werden. Doch anders als jetzt "Three Studies of Lucian Freud" fand das Bild keinen solventen Käufer.

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