Auf der Londoner Frieze Art Fair stellte der peruanische Künstler Jota Castro vergangene Woche ein paar schicke Glasplatten aus, auf denen er Dutzende Namen international bekannter Sammler eingraviert hatte. Über den Namen war als Titel zu lesen: "Motherfuckers never die".
Die hoffnungsvolle Botschaft des eher banalen Werks, für das Castro vergleichsweise bescheidene 12.000 Euro wollte: Auch wenn alles zusammenbricht - die Idioten kaufen weiter.
Ob der Peruaner einen Idioten für seine Glasplatten gefunden hat, ist nicht bekannt. Tatsache ist, dass die Szene in London angesichts der seit Wochen schwelenden Finanzkrise verunsichert war, worüber auch die üblichen selbstaffirmativen Gesten auf der Messe - Preise rauf, Promis rein - nicht hinwegtäuschten.
Teure Werke blieben häufiger liegen, und die Szene stellte bange Fragen: Ist der Hype vorbei, die Millionenparty zu Ende? Bleiben nun die Russen weg?
Andere übten sich in Optimismus: Ist Kunst nicht gerade dann sicher, wenn andere Anlagen unsicher werden, ist Kunst das neue Gold? Und hat der Brite Damien Hirst nicht ein Zeichen gesetzt, als er am Tag der Lehman-Pleite auf einer Auktion die Rekordsumme von 143 Millionen Euro erzielte?
Wie der Markt sich auch entwickelt, ob er boomt oder kriselt, spielt für die meisten Künstler allerdings keine Rolle.
Vom Erfolg der fetten Jahre, in denen Sammler hysterisch jede Summe für ihnen bis dato unbekannte Werke zahlten, hat nur ein kleiner Kreis von Auserwählten profitiert, alle Übrigen halten sich weiterhin mit Nebenjobs und Sozialhilfe über Wasser.
Sie dürfen höchstens davon träumen, einmal vom eigenen Schaffen leben zu können. Sechs junge deutsche Künstler haben sich für die Süddeutsche Zeitung selbst porträtiert - und aus ihrem nicht immer leichten Alltag erzählt.
"Ich möchte einmal von meiner Kunst leben"
Grazyna Zarebska, 28, Weißensee Kunsthochschule Berlin: "Ich habe von den Gerüchten gehört, dass Künstlerinnen mit Kindern geringere Chancen haben. Ganz ehrlich, Galeristen interessieren sich nicht mehr und nicht weniger für mich, seit ich Mutter bin. Natürlich möchte ich irgendwann von meiner Kunst leben und arbeite ehrgeizig an meiner Karriere. Im Moment finanziere ich mich aber noch über Hartz IV, Kindergeld und Nebenjobs.
Ich war Eisverkäuferin und habe als Nachtwache in einer psychotherapeutischen Wohngemeinschaft gearbeitet. Wenn ich mehr Geld hätte, könnte ich teure Leinwände und Farben kaufen. Qualitativ hochwertige Materialien sind ausschlaggebend, wenn man nicht berühmt ist und es keine Strömung gibt, anhand derer Sammler den Wert der Kunst einschätzen können.
Ich brauche zurzeit auch viel Ruhe, weil ich bald mein zweites Kind bekomme. Früher habe ich manchmal nachts gemalt, das geht als Mutter nicht mehr. Ich teile mir meine Arbeitszeit viel besser ein und muss meine Ideen immer sofort umsetzen.
Ich habe mittlerweile auch gelernt, aus den Fußabdrücken meines Sohnes auf meinen Leinwänden Ideen zu entwickeln."
Grazyna Zarebska arbeitet als Malerin in Berlin. Zuletzt hat sie ihre Ölgemälde und Kollagen auf der Berliner Kunstmesse Kunstsalon und in der Berliner Galerie Emma T. ausgestellt.
Protokolle: Alexandra Eul/SZ vom 22.10.2008 Fotos: oh