Kritik:Deutscher Stahl

"Die Krupps" mit sehr bunter Vorband

Von DIRK WAGNER

Schon der batteriebetriebene Spielzeug-Hamster am Verkaufsstand der Musiker, der unermüdlich im Laufrad rennt, sowie der angebliche Alien-Fötus im Glas daneben, lenken das Augenmerk in der Kranhalle auf die australische Band The Red Paintings. Dabei ist sie, wie der Ulmer Sänger Janosch Moldau, nur Vorprogramm der EBM-Pioniere Die Krupps aus Düsseldorf. Doch der Auftritt der Australier ist eine ernst zu nehmende Konkurrenz. Das verhindert auch die Tontechnik nicht, die später bei den Düsseldorfern deutlich satter klingt.

Alix Kols Violine ist zum Beispiel kaum zu hören. Dabei malträtiert die als Geisha verkleidete Geigerin ihr Instrument so herrlich wie einst Jimi Hendrix seine Gitarre. Dazu prügelt die Schlagzeugerin einen Rhythmus in die Trommeln, der den Sound mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks taktet und ihn zugleich mit verspielten Dreingaben auf den Toms ausschmückt. Majestätisch gekleidet wie ein mongolischer Khan singt darüber Trash McSweeney neben eigenen Songs eine mitreißende Version des Tears-For-Fears-Hits "Mad World". Gleichzeitig bemalt auf der Bühne eine lokale Künstlerin einen Krupps-Fan, der sich dafür zur Verfügung gestellt hat. Schließlich ist die Mal-Aktion fester Bestandteil einer jeden The-Red-Paintings-Show.

Die Rückbesinnung auf den reinen Sound, den die deutlich weniger bunten Krupps nach solcher sowohl visuell als auch auditiv farbenprächtigen Darbietung zelebrieren, wirkt darum zunächst auch etwas kühl und kalt. Kruppstahl-harte Rockgitarren treffen auf industriell anmutende EBM-Rhythmen. Der erste Song des Abends, "Crossfire", setzt dort an, wo die Krupps Anfang der Neunziger mit einer Mischung aus Metal und Elektronik die Neue Deutsche Härte vorbereiteten. Doch die Band um Ralf Dörper und Jürgen Engler, der das 1975er Rückkopplungs-Album "Metal Machine Music" von Lou Reed zu seinen größten Inspirationen zählt, verdreht ein weiteres Mal ihre Musikentwicklung. Sie rückbesinnt sich auf ihre Ursprünge, ohne diese nun retrospektiv zu rekonstruieren.

Ihr neues Album klingt darum viel mehr nach Die Krupps als viele ihrer Meisterwerke zuvor, weswegen es auch kaum auffällt, wenn im Live-Set plötzlich ganz alte Hits aus den Achtzigerjahren erklingen wie etwa "Wahre Arbeit, wahrer Lohn".

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