Kritik:Deutscher Joe Cocker

Max Mutzke nimmt man bedingungslos ab, dass er glaubt, was er singt

Von Oliver Hochkeppel

So ganz will er dann doch nicht vom Jazz lassen, der Max Mutzke. Nachdem er sich mit dem letzten Album "Durch Einander" selbst mit seinen Jazzwurzeln beschäftigt hatte, präsentierte er sich mit dem neuen "Max"-Programm im Ampere jetzt wieder mit dem vertrauten Soul-Pop, mit dem er blutjung zum ESC-Star von Stefan Raabs Gnaden aufgestiegen war. Doch wenigstens als Support holte er befreundete Jazzer: Der Trompeter Nils Wülker durfte mit seinem Trio die Stimmung anwärmen. Clever, denn der etwas brave Smooth Jazz des Neu-Münchners Wülker war dann auch keine Gefahr, sondern das perfekte Kontrastprogramm, von dem sich Mutzke dynamisch abheben konnte.

So warf sich Gitarrist Justin Balk gleich mächtig in Rocker-Pose, die Post ging nun auf der Eins und der Drei ab, und Mutzke ließ seine Stimme erst mal aus dem Off erklingen, bevor er die Bühne erklomm - ein Popstar-Auftritt wie zu den Zeiten, als die Hallen noch größer waren. Vielleicht werden sie es wieder, denn Mutzke weiß mittlerweile besser denn je, was er tun muss. Viel perfekter kann man den Spannungsbogen eines Konzertes nicht schlagen: Von einer kühlen Version des alten Hits "Marie" über ein erstes Mitsing-Vehikel ("I Owe You"), Deutschsprachiges wie "Welt hinter Glas" zum Mitdenken und Mitfühlen sowie die ersten - früher vielleicht noch zu früh und extensiv angesetzten - Plaudereien mit dem inzwischen verbrüderten Publikum bis zum großen Finale (unter anderem mit "Laut"), das dann in drei Zugaben kulminierte. Natürlich kam da "Can't Wait Until Tonight", allerdings fast in einer Rolling-Stones-Rock-Fassung. Wirklich berührend indes war das Duett mit dem noch einmal auf die Bühne geholten Nils Wülker und die Schlussballade.

Nicht nur da erwies sich Mutzke als der deutsche Joe Cocker. Es gibt hierzulande einfach keinen anderen, der diesen natürlichen Soul in der Kehle hat, der kraftvoll und verletzlich zugleich klingen und so virtuos mit der Kopfstimme arbeiten kann und dem man - vielleicht am wichtigsten - bedingungslos glaubt, dass er glaubt, was er da singt. Und wenn er seine ebenso erfreulich tighten Musiker lautmalerisch - der Jazzer würde "Scatten" sagen - zum Duell fordert, dann steckt da weitaus mehr Jazz drin als in manch einem ganzen Unterfahrt-Abend.

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