Krisengeschäft Weihnachtsfilm:Der harte Stoff

Während draußen der Geschenkewahnsinn tobt, versprechen Filme wie "Verwünscht" Erlösung durch große Gefühle. Der wahre Weihnachtsfilm 2007 aber besticht durch Will Smiths Zombies und Apokalypse.

Fritz Göttler

New York, der filmische Hexenkessel. Die Stadt der Hektiker und Chaoten, der vollen Dröhnung. Für die Naiven vom Lande allemal, für ein Mädchen aus dem Märchenland ganz besonders. Dies widerfährt in "Verwünscht/Enchanted" der Prinzessin Giselle (Amy Adams), die von einer bösen Hexe in die große Stadt katapultiert wird, in der niemand sich an die simplen Märchenmodalitäten und -verhaltensweisen halten mag, von den Straßenarbeitern bis zu den Scheidungsanwälten und Redakteuren.

Krisengeschäft Weihnachtsfilm: Clash der Realitäten in "Verwünscht" - seit Mary Poppins nicht mehr so wunderbar inszeniert.

Clash der Realitäten in "Verwünscht" - seit Mary Poppins nicht mehr so wunderbar inszeniert.

(Foto: Foto: ddp)

"Verwünscht" ist einer der großen Weihnachtsfilme dieses Winters, perfekt zugeschnitten auf die emotionalen Bedürfnisse kurz vor und kurz nach dem Fest. Familienkino der guten alten Tradition, geleitet von der Hoffnung, die Generationen im Kino zusammenzuführen. "Enchanted" hat bei all seiner Märchenhaftigkeit einen hohen Grad an Sophistication, Anzüglichkeit und Selbstironie.

Giselle kann ihre Herkunft natürlich keine Sekunde verleugnen - sie kommt aus einem harmonischen, luftig zwitscherndem Zeichentrickreich - und Amy Adams schafft es grandios, sich anmutig und affektiert zu bewegen wie Zeichentrickfiguren es tun. Seit "Mary Poppins" haben die beiden Realitätsebenen nicht mehr so wunderbar zusammengespielt.

Dem Weihnachtsfilm ist dieses Jahr mehrfach ruppig das Ableben bescheinigt worden. Ein früheres Exemplar des Genres, "Die Gebrüder Weihnachtsmann", das sich auch in seiner Story mit dem Weihnachtsbusiness beschäftigt, wirkt wirklich so durchgenudelt wie der ganze nervige Festrummel. Aber es hat eine durchtriebene, saukomische Szene, in der Vince Vaughn als Fred Claus, der traumatisierte Bruder von Santa, bei den Brothers Anonymous auf drei Brüder mit ähnlichen Problemen stößt, aus den Familien Stallone, Baldwin und Clinton. Ein anderes Weihnachtsstück, "Mr. Magoriums Wunderladen", hat immerhin den hingebungsvollen Alleskönner Dustin Hoffman in der Hauptrolle.

Der alte Wildtöter-Traum

Die besten Weihnachtsfilme, das übersieht man gern, sind gar nicht so betulich, wie man das womöglich gern hätte. (Schon die Originalstory hat jede Menge blood & gore in sich, Migrantenmisere, Kinderabschlachten.) Sie gehören zum härtesten, was Hollywood zu bieten hatte - im Paradestück "It's a Wonderful Life" wird James Stewart an den Rand des Selbstmords getrieben, angesichts einer herzlosen Kapitalistenwelt. Immer noch viel zu wenig gewürdigt als Weihnachtsfilm: "Die Hard" mit Bruce Willis.

Vor ein paar Tagen hat Will Smith die Branche verblüfft. Sein neuer Film "I Am Legend" hat am Startwochenende 76,5 Millionen Dollar eingespielt - ein Super-Dezember-Einspiel, das fast an den Sommer-Spitzenreiter herankam, den neuen Harry Potter. Vielleicht ist "Legend" der ersehnte, der eigentliche Weihnachtsfilm. New York im Jahr 2012, drei Jahre nach Ausbruch einer Epidemie, die nahezu restlos die Menschheit ausgelöscht hat.

Bis auf Will Smith, der immun und einsam durch ein verstepptes, von wilden Tieren besiedeltes New York streift. Der alte Wildtöter-Traum, eine neue Heimeligkeit nach dem Ende der Zivilisation, trotz der Zombies, die nachts blutlüstern durch die Straßen streifen. Man ist geborgen in diesem Film, während draußen, in den Kaufhäusern, der Wahnsinn tobt.

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