Krimi:Der Geheimbund der Accelerati

Lesezeit: 2 min

Ein Abenteuer auf den Spuren des genialen Physikers Nikola Tesla.

Von Markus Schulte von Drach

Wenn ein Vierzehnjähriger auf dem Dachboden eines alten Hauses auf Geräte stößt, die unerklärliche Eigenschaften besitzen, dann geschieht das normalerweise in einem Fantasy-Roman. Oder aber: Nikola Tesla ist im Spiel. Bei dem Namen denkt man heute an Elektroautos, Physiker kennen außerdem die physikalische Maßeinheit Tesla. Tatsächlich war Tesla vor etwa 100 Jahren ein genialer amerikanischer Physiker, ein Konkurrent des berühmten Erfinders Thomas Alva Edison. Tesla erwarb sich vor allem einen Ruf als verrücktes Genie. Deshalb greifen Autoren und Regisseure (wie etwa die der US-TV-Serie Warehouse 13) gern auf ihn zurück, wenn sie nicht im Fantasy-Genre landen wollen, obwohl sie Unerklärliches einführen. Neal Shusterman und Eric Elfman lassen in dem Jugendbuch Teslas unvorstellbar geniales und verblüffend katastrophales Vermächtnis dank Tesla eine Menge verrückte Dinge geschehen, ohne dass Zauberstäbe geschwungen und Flüche gemurmelt werden. Es sind hier etwa ein defekter Toaster, eine verrostete Autobatterie und eine verstaubte Kamera, auf die der junge Protagonist Nick stößt. Alltägliche Gegenstände also, die aber alles andere als alltägliche Eigenschaften haben. Man stelle sich etwa ein Tonbandgerät vor, das aufnimmt, was man sagt, aber abspielt, was man wirklich denkt!

Shusterman und Elfman setzen zum Glück nicht nur auf den Slapstick, der dadurch möglich wird, sondern nutzen die irre Technik auch, um die Probleme der Jugendlichen mit sich und anderen relativ sensibel auszuloten. Da ist etwa Nicks neue Bekannte Caitlin, die als Kunstprojekt Alltagsgegenstände mit dem Hammer zertrümmert. Sie stellt mithilfe von Teslas Tonbandgerät fest, dass sie das auch tut, weil sie wütend ist und nicht weiß worauf - was sie gleich noch wütender macht. So ist sie halt, die Pubertät. Caitlin gehört zu den Kindern, die Nick an seiner neuen Schule kennenlernt. Sein Vater ist mit ihm und seinem jüngeren Bruder von Kalifornien nach Colorado gezogen, nachdem bei einem Feuer die Mutter gestorben ist. Nick selbst fällt so die Rolle des nachdenklichen Helden mit tragischer Geschichte zu. Seine neuen Freunde Mitch und Vince haben auch schwierige Familienverhältnisse. Mitchs Vater sitzt im Gefängnis und Vince kultiviert sein Außenseitertum als prinzipielle Ablehnung von allem - und natürlich durch schwarze Kleidung.

Kaum haben Nick und seine Freunde begriffen, was es mit den Gegenständen vom Dachboden seines neuen Heims auf sich hat, müssen sie feststellen, dass sich noch jemand dafür interessiert: kein Geringerer als der Geheimbund der Accelerati, gegründet von Thomas Edison höchstpersönlich, mit dem Ziel, weltweit die Kontrolle über sämtliche Energie zu übernehmen. Auf der Suche nach den Geräten Teslas sind sie bereit, über Leichen zu gehen - auch über die von Nicks Freunden. Es gelingt Shusterman und Elfman ausgezeichnet, die entsprechend dramatischen Entwicklungen in die sonst vor allem witzige Geschichte einzufügen. Ob sich die Menschheit angesichts eines bevorstehenden Weltuntergangs tatsächlich so verhalten würde, wie die Autoren es darstellen? Nun, wer weiß schon, wie man reagiert, wenn man nur noch 24 Stunden zu leben hat. Man darf sich auf zwei weitere Bücher freuen. (ab 12 Jahre)

Neal Shusterman, Eric Elfman: Teslas unvorstellbar geniales und verblüffend katastrophales Vermächtnis. Aus dem Englischen von Ulrich Thiele. Loewe 2015. 352 Seiten, 12,99 Euro.

© SZ vom 04.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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