Konzertreise:Bavarians go big

Symphoniker in Washington

Auf Sendung: fünf BR-Musiker bei ihrem Studio-Auftritt.

(Foto: Peter Meisel)

Das Orchester des BR bei der amerikanischen Konkurrenz

Von Egbert Tholl, Washington

Heute war das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks live im Frühstückfernsehen. Nicht alle, aber fünf Bläser, die zusammen vor geraumer Zeit schon das Weltklasse-Kinderstück vom "Tapferen Hörnchen" entworfen haben. Gebeten zu ABC News Channel 8 wurden: Martin Angerer und Herbert Zimmermann, die beiden spielen Trompete, der Hornist Carsten Carey Duffin, der Posaunist Uwe Schrodi, der hier aber Bass-Trompete spielt, und Stefan Tischler mit seiner reizenden kleinen Reisetuba. Der amerikanische Veranstalter wollte Werbung fürs Konzert am Abend, Peter Meisel vom BRSO fragte vor zwei Wochen mal im Orchester herum. Die fünf Musiker, die mit ihrer Unternehmungslustigkeit für die große Mehrheit des Orchesters stehen, meldeten sich spontan. Man fragt sich, weshalb in München so etwas nicht möglich ist. So ein schnelles Stand-up-Konzert irgendwo im Bayerischen Fernsehen zu zeigen, scheitert wohl am komplizierten Behörden-Charakter der Münchner Sendeanstalt.

Hier ist alles lässiger und dabei beeindruckend professionell, mit allen Seltsamkeiten. Um zum Studio zu gelangen, durchquert man eine verlassene Großraumbüroetage, die wie eine Filmkulisse aussieht. Im Studio selbst kann man während der Probe und der Sendung herumstehen, niemand fragt, was man will, man könnte auch nackt durchs Bild laufen. Die Sendung beginnt Moderator Kidd O'Shea mit einem Gespräch über einen Nachwuchsgesangswettbewerb - Mariah Carey und Rihanna - also so hochkulturell, wie O'Shea verspricht, sich wirklich nur mit den ganz harten Themen zu befassen. Dann ist der Hip-Hip-Professor Teo Melchishua etwa 49 Sekunden lang zu Gast, danach ein Typ, der eine verjüngende Gesichtscreme vertickt und diese selber anwenden sollte. O'Shea hat zu allen Themen die gleiche Haltung: smart, aber es ist ihm ganz offenbar völlig wurscht, mit wem er redet. Wichtig: Er redet.

Zum Glück hat ihm jemand aufgeschrieben, dass das BRSO mit einem BMW zu vergleichen sei (Washington Post), also super Auto, super Orchester - das leuchtet auch Kidd O'Shea ein. Er versammelt das Quintett auf einem kleinen Podium, spricht kurz mit Duffin, den die anderen als englischen Halbmuttersprachler vorschicken, weil deren bairisch-österreichisch-schwäbisches Sprachengemisch auch einen Profi-Moderator überfordern könnte.

Aber dann schlagen die Münchner Profis zurück. Spielen von Johann Strauß den "Vergnügungszug" - "the pleasure train for lonely housewifes" - mit radikaler Perfektion, die Dynamik wogt elastisch hin und her, alles ist federleicht, blitzschnell wechselt der Gestus, mal singend, dann vorwärtsdrängend, sinnierend, gemütlich, presto. O'Shea hält die zwei Minuten 50 dennoch kaum aus, kein Beitrag war heute so lang, dann auch noch Wiederholungen: "Was soll das?" Er trippelt neben der Kamera herum, spricht seine Abmoderation über die Musik hinweg, aber mit gutem Timing. Dann: "Awesome, amazing, beautiful." Servus, baba, her mit dem Nächsten. Beim Hinausgehen liest man den Leitspruch des Senders: "Go big or go home." Kann sich das Quintett auch denken. Voll big.

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