Konzertkritik:"Puh!" - Madonna hechelt sich durch Berlin

Der Diva scheinen die eigenen Shows keinen Spaß mehr zu machen. Dabei gibt es doch kluge Vorbilder, an denen sie sich orientieren könnte.

Von Jan Kedves

"Ich krieg' kaum noch Luft, ihr Bitches! Also, das ist wirklich harte Arbeit hier oben. Puh! Aber, na ja, irgendwer muss es ja machen!" Ansagen wie diese häuften sich, als Madonna mit ihrer "Rebel Heart"-Tour in Berlin an zwei Abenden in dieser Woche vor insgesamt 26 000 Fans auftrat. Dass Madonna ebenso gerne flucht wie sie sich gerne verausgabt, ist normal. Das macht sie zu Madonna. Doch diesmal wirkte die 57-Jährige - zwischen den rapide getakteten Nummern, in denen sie sich mal in einem Schwertkäfig von der Decke abseilte, mal athletisch eine Pole-Dance-Stange hochkletterte, mal in einer sehr freien Interpretation des Letzten Abendmahls sich von einem schwarzen Jesus auf einer goldenen Tafel oral befriedigen ließ, um Absolution bettelte und zwischendurch natürlich tanzte, tanzte, tanzte - fast schon wehleidig. Als habe sie bei all dem eisernen Durchhalten wirklich keine Zeit mehr, auch noch selber Spaß an der Sache zu haben. Warum soviel demonstratives Ächzen? Mit Mick Jagger und Grace Jones gibt es doch gute Beispiele für Popstars, denen es trotz fortgeschritteneren Alters gelingt, auf der Bühne gelenkig und frisch, aber eben nicht gehetzt zu wirken. An Grace Jones sollte man sich wohl erinnert fühlen, als Madonna gegen Ende ihrer megalomanen Zweieinhalbstunden-Inszenierung die wild kostümierte Tänzerschar für ein paar Minuten zur Seite schickte und - endlich einmal sitzend - eine Akustikversion von "La Vie En Rose" sang, fast ohne Play-back. So könnte es für Madonna bei den nächsten Tourneen doch auch weitergehen: einfach mal einen Stuhl nehmen, durchatmen und sogar lächeln.

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