Konzertkritik:Perkussion mit Bügelbrett

Die dänisch-finnische Band "Liima" im Strom

Von Dirk Wagner

Das interessanteste Instrument der dänisch-finnischen Band Liima findet nur in einem Song Verwendung: ein Bügelbrett, auf das haushaltsübliche Gegenstände wie Edelstahlschüsseln und eine Käsereibe befestigt sind, die der finnische Schlagzeuger Tatu Rönkkö als Perkussionsinstrumente nutzt. Solcher Aufwand für einen einzigen Song ist typisch für die Sorgfalt, mit der die Band ihr Set vorbereitet, um eine technisch verspielte Musik mit Synthesizer, E-Bass, Schlagzeug und Gesang auch im Studio wie die Session einer improvisierenden Jazzband live zu entwickeln. Rönkkö, der auch mit Größen wie Jimi Tenor arbeitet, ist seit Jahren der Konzert-Schlagzeuger der dänischen Band Efterklang. 2015 ging diese zusammen mit Rönkkö ins Studio, um erstmals als Liima zu wirken. Produziert wurde ihr Debüt damals vom finnischen Klangzauberer Jonas Verwijnen, der auch im Strom am Mischpult den fünften Mann des Quartetts gibt.

Dort präsentiert die Formation ihr zweites, diesmal vom Grizzly Bear-Bassisten Chris Tayler produziertes Album "1982", benannt nach dem Geburtsjahr des Sängers. Es hätte aber auch nach dem Geburtsjahr jedes anderen Bandmitglieds benannt sein können. Denn letztlich verweist diese Jahreszahl nur auf eine Pop-Sozialisation, die trotz der Entfernung in Finnland ähnlich verlief wie in Dänemark. Und die mit den entsprechenden Anleihen von Depeche Mode, Pink Floyd oder New Order auch die älteren Zuschauer in München an die eigene Jugend erinnert.

Trotzdem verkommt Liima, was auf deutsch übrigens Leim heißt, nicht zur Retro-Band, die nostalgisch den Sound der eigenen Jugend rekonstruiert. Vielmehr dekonstruiert sie solchen Sound und bastelt daraus eine neue, zukunftsweisende Musik. Repetitive Strukturen in dieser Musik erinnern auch mal an die minimal music eines Steve Reich, die sich hier aber als eine experimentierfreudige und darum spannende Popmusik entfaltet. Eine, die den Kopf ebenso bemüht wie das Tanzbein.

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