Konzert:Spitze im Zuspitzen

bairisch diatonischer jodelwahnnsinn

Der Gründer und die Neuen: Otto Göttler (rechts), Petra Amasreiter und Wolfgang Neumann.

(Foto: Imke Peters)

Der "Bairisch Diatonische Jodelwahnsinn" hat sein erstes Album seit 18 Jahren veröffentlicht. Nun tritt das neu formierte Trio mit alter Kraft auf Tollwood auf

Von Dirk Wagner

Da Wahnsinn!!" heißt das neue Album des wiedervereinten Trios Bairisch Diatonischer Jodelwahnsinn. Und es ist schon ein Wahnsinn, dass man 18 Jahre darauf warten musste. Solcher Zeitabstand rechtfertigt, dass der Ensemble-Gründer Otto Göttler nun mit neuen Bandmitgliedern auch alte Hits wie "Mäkki" wiederaufbereitet, um sie im neuen Klangkleid den aktuellen Kompositionen beizufügen.

Die Themen haben sich ohnehin nicht verändert. Schließlich sind die Probleme, die der BDJW schon 1986 als Teil einer Umweltschutzbewegung volksmusikalisch verarbeitete, bestenfalls modifiziert. Gelöst sind sie nicht. Auch nicht, wenn in Folge einer besungenen Energiewende laut dem Song Windmühlen in windgeschützten Gegenden aufgestellt werden, damit keine Rotation der Flügel stört. Mögliche erneuerbare Energien schmälern nicht die Notwendigkeit, den Energieverbrauch überhaupt zu senken. BDJW erinnert aber auch mit weiteren Beispielen an die Eigenverantwortung eines jeden. Sei es im Konsumverhalten oder in der Erziehung. Wenn etwa Kinder im Paralleluniversum Kinderzimmer mit Lego-Figuren den Krieg der Sterne nachstellen, derweil der Vater sich auf seinen Fernsehabend konzentriert.

Begleitet von den Klangspielereien des Filmkomponisten Wolfgang Neumann, der im Ensemble den ausgeschiedenen Josef Brustmann ersetzt, gelingt dem BDJW eine beinahe schon Hörspiel-taugliche Inszenierung eines inneren Monologs, der sowohl den Besitz eines Waffenschranks erwähnt als auch den Hinweis, dass der Sohn dessen Schlüsselcode kennt. Mehr Andeutung ist auch in anderen Songs nicht nötig, um Bezug auf gesellschaftliche Ereignisse zu nehmen, die als Einzelfall betrachtet ebenso wie im Gesamtbild den Titel des Albums als Programm bestätigen: "Da Wahnsinn!!"

Natürlich muss man das Trio mit seiner neuen Violinistin und Sängerin Petra Amasreiter für ihre zugespitzten Texte loben, die sich formal mitunter an Gstanzln orientieren, dann aber auch Pop-Elemente wie Rap aufgreifen. Die Ausdruckskraft des Ensembles entlädt sich indes in seiner Musik. Etwa wenn eine Sprechgesangsstimme mit dem Pathos eines Ludwig Hirsch über Pink Floyd-würdige Klänge das Ende der Welt nicht als Zukunftsvision beschreibt, sondern bereits vorhandene Endzeit-Bilder nur vergrößert, um die aktuelle Bedrohung zu verdeutlichen. Dann erklingt ein wunderschöner Jodler wie der Nachhall einer bereits untergegangenen Kultur, der einsam über jene Wüstenlandschaft geistert, die diese hinterlassen hat: "Wenn im Urwald kein Baum mehr steht".

Bairisch Diatonischer Jodelwahnsinn, Samstag, 1. Juli, 20 Uhr, Tollwood, Eintritt frei

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