Konzert:Schweben und Kochen

Bamberger Symphoniker - Jonathan Nott

Jonathan Nott hat die Bamberger mit seinem Charme bezaubert.

(Foto: David Ebener)

Jonathan Nott hat 16 Jahre die Bamberger Symphoniker als Chefdirigent geleitet. Jetzt verabschiedet er sich mit Bruckner, bevor er nach Genf aufbricht

Von Egbert Tholl

Das passt: Zum letzten Mal als deren Chefdirigent wird Jonathan Nott die Bamberger Symphoniker im Kaiserdom zu Bamberg dirigieren. Geschehen soll dies an diesem Samstag, gespielt wird Bruckners monumentale Achte.

Es wird der Abschied nach dem eigentlichen Abschied sein. Der war bereits am 9. Juni. Damals dirigierte Nott in der Heimstatt der Symphoniker, der Konzerthalle Bamberg, ein Programm, wie es zu ihm passt. Erst einmal Jahrhunderte überspannend Ligeti mit zwischen dessen Tondichtungen eingeschobenen Gamben-Quartetten von Purcell, danach Richard Strauss' "Ein Heldenleben". Sozusagen in einem Konzert all das, wofür ihn sein Orchester liebt, wie Martin Timphus aus dem Orchestervorstand in seiner Dankesrede nach dem Konzert betont: Nott könne einen Saal zum Schweben und zum Kochen bringen. In dem Fall: Ligeti-Schweben und Strauss-Kochen.

Überhaupt, Kochen: Der Siedepunkt wird dann nach dem offiziellen Konzertprogramm erreicht, als Jörg Widmann den eigens für diesen Anlass von ihm komponierten "Bamberger Marsch" dirigiert. Der Bamberger ist im Kern zwar der "Bayerisch-babylonische Marsch", ein Konzertstück, herausgefiltert aus Widmanns "Babylon"-Oper, aber Widmann hat es nun umgeschrieben und entscheidend erweitert, um jene die Hauptperson und den Anlass kennzeichnende Momente, also μMahler und Melancholie.

Nott ist gerührt und wird sich dann doch in seinen Lamborghini setzen und nach Genf sausen, wo seine nächste Chefstelle wartet. Zurück bleiben ein Oberbürgermeister und ein Erzbischof, ja alle Bamberger, die sich nur schwer von dem alle Welt mit seinem Charme bezaubernden Nott trennen können. Freilich: 16 Jahre sind ja heutzutage beim Job eines Chef-Dirigenten ohnehin eine lange Zeit, wenn auch nicht bei den Bamberger Symphonikern, die in 70 Jahren bislang vier Chefs hatten - offenbar bleibt man gern hier, was ja auch für die Musiker gilt, diese enthusiastische Truppe, die bei aller Tradition keine Scheu vor Uraufführungen kennt. Die Musiker müssen auch keinerlei Angst vor der Zukunft haben, mit ihrem einmaligen Klang, der nicht nur geografisch zwischen Wien und Berlin liegt.

Die Geschichte der Bamberger Symphoniker ist eine, die das Wort "Provinz" völlig obsolet werden lässt. Und auch ihr Saal - ursprünglich entworfen von jenem Team, das die Münchner Philharmonie plante - ist, seit der Wunderakustiker Yasuhisa Toyota sich seiner annahm, herrlich. Jene Klang-Modernisierung geschah genauso unter Nott wie die Gründung des Mahler-Dirigierwettbewerbs, europaweit wohl der wichtigste seiner Art, der natürlich fortgeführt wird.

Es bleibt viel von Jonathan Nott in Bamberg, und selbst wenn man nicht ins fränkische Idyll reisen will, kann man das Erbe genießen, anhand einer Box mit Aufnahmen der neun Mahler-Symphonien. Oder auch Notts Beitrag zur noch größeren CD-Sammlung, die die vergangenen 70 Jahre Bamberger Symphoniker dokumentiert.

Bamberger Symphoniker, Bruckner, Symphonie Nr. 8, Sa., 2. Juli, 20 Uhr, Dom zu Bamberg

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