Konzert:Raffiniert

Der Pianist Martin Tingvall tritt in der Unterfahrt solo auf

Von Oliver Hochkeppel

Außerhalb seiner Wahlheimat Hamburg kennen wahrscheinlich viele seinen Vornamen nicht: Das Tingvall Trio ist die Marke, unter der der schwedische Pianist Martin Tingvall in den vergangenen 15 Jahren groß geworden ist. Einen unverwechselbaren Sound hat Tingvall zusammen mit dem Bassisten Omar Rodriguez Calvo und dem Schlagzeuger Jürgen Spiegel entwickelt und im Lauf der Zeit fleißig verfeinert. Mit drei Jazz Echos und vier Jazz Awards für jeweils mehr als 10 000 verkaufte Exemplare aller vier bisherigen Studioalben, steht er einer der künstlerisch wie kommerziell erfolgreichsten Bands Europas vor, ohne dass das entsprechend bekannt wäre.

Das Erfolgsrezept liegt in der persönlichen Ausdeutung des musikalischen Zeitgeistes. In einer Musik, die den Paradigmenwechsel durch das Esbjörn Svensson Trio zur Kenntnis genommen hat, damit aber auf seine Weise umgeht. Die, ob sie als Ballade oder als wuchtiger Uptempo-Reißer daherkommt, mit ihrem elegischen Unterton, ihrem Groove und ihrer Finesse die Qualitäten von skandinavischer und amerikanischer Jazz- und Popmusik sowie die der deutschen Klassik kreuzt. So sagt Tingvall auch: "Ich bin mit Rock und Klassik aufgewachsen. Klassik ist immer noch ein großer Einfluss, gerade kompositorisch."

Was bei seinen Aktivitäten neben der Band noch deutlicher wird. Seit langem gehört Tingvall auch zur Familie Udo Lindenbergs. Und es hat Gewicht, wenn der gelernte Jazz-Drummer ihn zum "neuen Edvard Grieg" ausruft und regelmäßig Songs von ihm ordert. Auch drei des aktuellen Albums "Stärker als die Zeit" stammen wieder aus Tingvalls Feder. Das melodische Händchen hat Tingvall auch zum perfekten Partner von Axel Zwingenberger, Joja Wendt und Sebastian Knauer beim Hamburger Pianosommer gemacht. Als Filmmusiker hat er ebenfalls einen ganz eigenen Stil entwickelt.

Zuallererst ist Tingvalls ureigenste Klangsprache aber natürlich zu entdecken, wenn er alleine am Klavier sitzt. Seinem ersten Solo-Album "En Ny Dag" lässt er nun "Distance" folgen. Es ist eine fast philosophische Suche nach der Distanz, nach der Ruhe. Das kann man nun ganz intim und distanzlos in der Unterfahrt erleben.

Martin Tingvall, Samstag, 22. Oktober, 21 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstraße 42

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: