Konzert:Kleines Wunder

Die Sängerin Nomfusi ist nur 1,50 Meter groß, aber auf der Bühne eine Wucht

Von Oliver Hochkeppel

Das vielleicht wertvollste Lob kommt von ihrem Landsmann Hugh Mesekela, dem legendären südafrikanischen Trompeter, Sänger und Weltmusik-Pionier, der auch mit seinen 79 Jahren immer noch jeden Saal im Sturm nimmt: "Sie ist kleiner als meine Trompete, aber ihre Stimme ist größer als meine. Das letzte Mal, als wir sie einluden, hat sie uns die Show gestohlen." Gemeint ist die Sängerin Nomfusi, mit vollem Namen Nomfusi Gotyana, aus der sich eine mal strahlende, mal grollende, mal schwebende Soul-Stimme mit fast unerklärlicher Kraft aus gerade mal 1,50 Meter Körpergröße Bahn bricht. Was aber nur eine Hälfte der Wirkung erklärt. Richtig groß wird die Kleine durch ihr Charisma, durch die pure Lebensfreude, die der Wirbelwind auf den Bühne verkörpert.

Eine Hingabe, die sich auch aus dem Lebenslauf erklärt. Hat doch die Musik ihr Leben gerettet. Nomfusi stammt aus Kwa Zhakele, einem kleinem Township von Port Elisabeth, wo sie in einfachsten Verhältnissen aufwächst. Der Vater sitzt im Gefängnis, die Mutter stirbt an Aids, als Nomfusi zwölf ist, auch eine Tante und ihre Schwester fallen der Krankheit zum Opfer. Die Pflegefamilie erweist sich als gewalttätig und abweisend. Doch mit eisernem Willen und mit Gesang überlebt sie und entkommt der Armut: "Solange ich denken kann, habe ich gesungen, im Hof, in der Schule, im Kirchenchor und in meinem ersten Job als singende Kellnerin in einem Entertainment-Restaurant", erinnert sie sich. Ihr Talent fällt erst einer Musikschulleiterin auf, die ihr ein Stipendium besorgt, dann einem Produzenten, der sie in Südafrika bekannt macht, und schließlich einer auf Weltmusik spezialisierten Münchner Agentin.

Nomfusi, Photo by Merwelene van der Merwe

Immer extravagant gekleidet: die Sängerin Nomfusi aus Südafrika.

(Foto: Merwelene van der Merwe)

Stefanie Schumann, die unter anderem die Band Mokoomba aus Zimbabwe, die Zap-Mama-Bassistin Manou Gallo und die Sängerin Yvonne Mwale managt, sieht vor gut sechs Jahren Videos von Nomfusi, ist begeistert und nimmt sie unter ihre Fittiche. Nomfusi wird nach und nach zu einem Begriff bei den Afrika-Festivals, sie tritt beim Lugano Jazz oder beim Stimmen Festival in Lörrach auf und geht als Support mit Lionel Richie auf Tour. In der mit einem Golden Globe ausgezeichneten Film-Biografie "Mandela: Long Walk To Freedom" darf sie ihr Vorbild verkörpern, die junge "Mother Afrika" Miriam Makeba. Dann wird es erst einmal Zeit fürs Private: Nomfusi heiratet, wird Mutter und nimmt eine Auszeit - zumal die für das südafrikanische Universal-Label produzierten Alben eher nur für den einheimischen Markt funktionieren. Das aber soll sich jetzt mit dem von langer Hand vorbereiteten neuen Album "African Day" ändern, das Nomfusi nun im Münchner Ampere vorstellt.

Denn das modebewusste Stimmwunder - das stets eine neue Frisur für ihre Auftritte kreiert - ist für die reine Ethno-Schiene viel zu weltoffen. Amerikanischer Motown-Sound verbindet sich bei den überwiegend selbst geschriebenen Stücken von "African Day" mit Sophiatown-Soul zu einem World Pop mit eigenem Akzent, etwa bei der Liebeshymne "Sthandwa Sami" auf Xhosa - eine der elf Sprachen Südafrikas. Oder im Titeltrack, wenn sich in die schwungvolle Beschreibung eines typischen südafrikanischen Tagesablaufs die für die dortige Musiktradition charakteristischen kleinen Klicklaute mischen.

"Das Schöne an afrikanischer Musik ist, dass man ernste Themen ganz leicht erzählen kann", sagt Nomfusi. So wie bei "My Mothers Spear", das dem Andenken an ihre und alle afrikanischen Mütter gewidmet ist, oder dem berührenden "Stay With Me", das sie schrieb, als ihre Schwester im Sterben lag. Erst recht bei Soulnummern wie "Don't Play That Game" und Pop-Balladen wie "Wrong Side", das sie mit dem Sänger Leee John von Imagination einspielte. Wenn Nomfusi das Beste aus beiden musikalischen Welten auf "African Day" vereint und mit einmaliger Wucht loslegt, kann auch das bravste Publikum nicht mehr widerstehen.

Nomfusi; Dienstag, 14. März, 20.30 Uhr, Ampere, Zellstraße 4

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