Konzert:Im Schaufenster der Pop-Musik

Frida Gold

Enthüllungs-Pop: Andi Weizel und Alina Süggeler wollen zeigen, wer sie sind.

(Foto: Autumn Sonnichsen)

Mit ihrem neuen Album vertrauen "Frida Gold" nach reiflicher Überlegung doch wieder auf deutsche Texte, und Sängerin Alina Süggeler zeigt sich hüllenlos

Von Michael Zirnstein

Das Video zum Lied "Langsam" von Frida Gold können Minderjährige auf Youtube nicht sehen, weil sich Alina Süggeler darin nackt zeigt. Doch mehr als über die Zensur oder über das, was die Sängerin nicht anhat, regen sich einige Internet-Senfdazugeber über das auf, was sie dann doch trägt: ein zum Turban gewundenes Handtuch. Dabei, so mokiert man sich, muss sie ja ihre Haare gar nicht aufwendig trocknen, weil die doch raspelkurz sind - worüber sich gerade männliche Pop-Beobachter schon gebührend ausgelassen haben. Wie kann das denn sein, dass sich eine Frau, die für H & M, Diesel und so weiter modelt, sich im Magazin GQ kunstvoll entkleidet und von der Grazia zu den zehn schönsten Frauen der Welt gezählt wurde, die prächtigen Haare abschnippelt - einfach so?

Alina Süggeler wurde schon vieles als Pose und Kalkül angekreidet. Eben weil die Hattingerin so ausgestellt war im Schaufenster des Pop-Geschäfts wie kaum eine andere deutsche Sängerin und Songwriterin. Das war, als ihr zweites Album zum Hybrid-Hit "Liebe ist meine Religion" mit dem Refrain vom Gala-Klassiker "Freed From Desire" 2013 auf Platz eins der Charts landete. Sie und ihr Frida-Gold-Partner Andi Weizel hatten daran in Los Angeles mit Songwriter-Größen wie Guy Chambers, Billy Mann oder Rick Knowles gebastelt. Lässiger Elektro-Pop für die Dancefloors samt hübschem Gesicht wie von La Roux oder Little Boots, das gab es hierzulande nicht, das brauchte der Musikmarkt. So gingen Frida Gold auf Tour mit Kylie Minogue - und zum Bundesvision-Songcontest. Süggeler ließ sich in Casting-Jurys (eine mit Ricky Martin, eine mit Stefan Raab) locken, zog sich an und aus. Das habe sie "eben so mitgenommen", um sich auszuprobieren, "an den Aufgaben zu wachsen", um sich "eine Flexibilität in dem doch strengen Pop-Business" zu erhalten. Dabei sieht sie, die zwei Semester Querflöte studiert hat und sich nach der Ernsthaftigkeit der Klassik sehnt, ihren "Job" in etwas anderem: "In mir selbst kramen, schauen, was in mir steckt, das ehrlich aufschreiben und damit die Menschen berühren."

Was beim Ausprobieren und beim Kramen vor dem dritten Album hervorkam, war die englische Sprache. Nicht speziell, weil Frida Gold auf den internationalen Markt drängten (wobei sie das auch nicht stören würde), sondern weil Süggeler damals einen Amerikaner liebte, mit ihm lebte und haderte und "die Themen eben einfach in englischen Sätzen herauskamen". Das kam ihrem musikalischen Partner Andi Weizel beim Produzieren gerade recht.

Mit der deutschen Sprachmelodie und ihren Halbtonschritten und Rhythmen zu arbeiten, sei schwierig, da könne man nur wenig wagen, um nicht künstlich zu wirken: "Im Englischen ist man mehr am Ursprung der Musik", sagt er. Bei den Fans allerdings fiel die Vorab-Single "Run Run Run" durch, Süggeler und Weizel gingen in sich (was sie ständig tun), kippten das ganze englische Album und bastelten ein neues auf Deutsch. Das enthält wieder schmissigen Tanz-Pop und Balladen, die auch zu Rosenstolz oder Sarah Connor passen würden. Es heißt "Alina", weil Süggeler ganz bei sich selbst sein will, ohne Hüllen, ohne Attitüde, mit allen Fehlern, oder wie sie in "Burn The Boats" singt: "Jetzt zieh ich mich aus bis auf die Haut, ich will mich zeigen und den Dreck drunter auch."

Frida Gold, Mi., 14. Dez., 20.30 Uhr, Technikum, Grafinger Str. 6, 21 83 73 00

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