Konzert:Fein geknüpft

Die jazzinfizierten Rock-Experimentalisten "Carpet" stellen ihr großartiges Album "Secret Box" in der Glockenbachwerkstatt vor

Von Martin Pfnür

Der "Klangteppich", laut Duden die "Gesamtheit und Folge von Klängen und Tönen, die einen akustischen Hintergrund, eine Klangkulisse bildet oder Teil eines musikalischen Werks ist", mag als Begriff aufgrund von recht inflationärem Gebrauch im musikjournalistischen Jargon mittlerweile ein wenig abgewetzt sein. Allerdings kommt man in Zusammenhang mit dieser ebenso großartigen wie unbekannten Band, die den Teppich in seiner englischen Übersetzung ja bereits im Namen trägt, nur schwer umhin, das gute alte Stück hier noch mal auszuklopfen und feierlich auszurollen - arbeiten Carpet um Songschreiber Maximilian Stephan doch bereits seit einigen Jahren an herrlich engmaschig geknüpften, verteufelt präzise ausgearbeiteten Songs, die dem Namen der Band mehr als gerecht werden.

2008 von Multi-Instrumentalist Stephan mit der Aufnahme des eher rohen bis skizzenhaft ausgearbeiteten Albums "The Eye Is The Heart Mirror" als Soloprojekt ins Leben gerufen, und im Anschluss erst mal nur zwecks einer Live-Darbietung des Albums zur Bandformation erweitert, steht das augsburgerisch-münchnerische Quintett heute für einen im besten Sinne progressiv geprägten Sound, der in seiner klanglichen Austariertheit und Homogenität auch eine Art demokratisches Musikverständnis des Zusammenklangs widerspiegelt. "Geht man von der Grundannahme aus, dass der Sänger der Mittelpunkt, der Frontmann der Band ist, funktioniert das bei uns etwas anders", sagt Stephan. "Es gibt Songs, da kommen die wichtigeren Melodien vom Rhodes-Piano und der Trompete. Streckenweise verzichten wir auch gerne mal auf den Gesang und stellen einfach nur den Groove in den Fokus. Auch beim Mixing im Studio", sagt Stephan, "achte ich darauf, dass die Stimme nicht über allem steht, und sogar die Aufstellung auf der Bühne sieht mich nicht mittig vor der Band, sondern innerhalb eines Halbkreises, damit alle sich gegenseitig immer im Blick haben."

Besonders anschaulich lässt sich dieses Arbeitsprinzip der musikalischen Gleichberechtigung nun auf dem dritten Carpet-Album "Secret Box" nachhören. Wo sich der nicht minder hörenswerte und ebenfalls auf dem Münchner Indie-Label "Elektrohasch" erschienene Vorgänger "Elysian Pleasures" nicht selten durch einen eher rauen, progressiven und rocklastigeren Sound, durch vertrackte Rhythmuswechsel und Dynamiken zwischen Post-Rock und Jazz auszeichnet, geriet "Secret Box" zu einem Meisterwerk des kompakten, feinteiligen und wohltemperierten Grooves.

Im Stile eines perfekt getakteten Schweizer Uhrwerks fügen sich Drums und Rhodes, Gitarre, Bass und Trompete hier zu fluiden, harmonischen Strömen zusammen, deren Zauber - das scharfkantige, bluesrockig angehauchte Stück "Shouting Florence" vielleicht mal ausgenommen - vor allem in ihrer immensen Geschmeidigkeit und ihrem überbordenden Detailreichtum liegt. Kein Zweifel, Carpet haben mit "Secret Box" einen Klangteppich erster Güte geknüpft. In der Glockenbachwerkstatt bringen sie ihn nun zum Fliegen.

Carpet Band

Das Arbeitsprinzip der musikalischen Gleichberechtigung verfolgen die Musiker von "Carpet".

(Foto: Carpet)

Carpet; Montag, 15. Mai, 21 Uhr, Glockenbachwerkstatt, Blumenstraße 7

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