Komödie:Bindungsscheu

Alle verrückt geworden: Christian Clavier übt sich als erholungsbedürftiger Zahnarzt in "Nur eine Stunde Ruhe!" im fröhlichen Klamauk.

Von Susan Vahabzadeh

Der Zahnarzt Michel (Christian Clavier) wirkt ein wenig bindungsscheu, dabei hat er Bindungen genug, und sie sind tatsächlich zum Scheuen: Seine Frau (Carole Bouquet) hat eine melancholische Vollmeise, sein Sohn würde sich gern von ihm die antikapitalistische Revolution bezahlen lassen, seinen besten Freund würde man seinem ärgsten Feind nicht an den Hals wünschen und seine Geliebte ist hysterisch. Ach so, ja: Seine Patienten halten ihn samstags auf der Straße an und halten ihm ihre aufgesperrten Münder hin. Michel findet ein Jazz-Album auf dem Flohmarkt, nach dem er seit Jahrzehnten sucht - er gäbe alles, um es jetzt anhören zu dürfen, die Geliebte beispielsweise, ohne mit der Wimper zu zucken. Klappt nicht - Handwerker verursacht Wasserrohrbruch, Nachbarschaftsfest steigt in seinem Wohnzimmer, er will doch "Nur eine Stunde Ruhe!"

Was Regisseur Patrice Leconte und sein Star Christian Clavier hier machen, ist klassische Klamotte - mit ihren ersten gemeinsamen Filmen haben sie in den Siebzigern Klamauk-Maßstäbe gesetzt, mit "Les bronzés/Die Strandflitzer" und einer Ski-Fortsetzung, Club-Med-Persiflagen, die in Frankreich Kult sind und wirklich saukomisch (ein später dritter Teil konnte 2006 nicht mithalten). Die "Gebräunten" waren zwar auch ein bisschen nervig, Clavier beispielsweise baggerte permanent erfolglos Frauen an; am Ende waren sie aber liebenswerter als Michels Gruseltruppe. Vielleicht ist das ja modern.

Une heure de tranquillité, F 2014- Regie: Patrice Leconte. Buch: Florian Zeller. Mit: Christian Clavier, Carole Bouquet. Verleih: DCM, 81 Minuten.

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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