Komische Oper:Faule Maschine

"My Square Lady": Ein kleines, weißes Metallmonster steht auf der Bühne der Komischen Oper in Berlin. Allerdings wurde das Versprechen, Myon sei ein "autonomer humanoider Roboter", kaum eingelöst.

Von Wolfgang Schreiber

Ein "einzigartiges Projekt" für Berlins Komische Oper stellte das siebenköpfige, deutsch-britische Künstlerkollektiv "Gob Squad" in Aussicht. Ein Roboter namens Myon, geboren im Forschungslabor Neurorobotik an der Beuth-Hochschule für Technik Berlin, soll auf die Opernbühne gehievt werden, um seine technische und sogar emotionale Lernfähigkeit zu demonstrieren. In "My Square Lady", einer dreistündigen "Opernerkundung", posierte Myon als Protagonist - ohne es allerdings zu sein. Denn sein Entwickler Manfred Hild und dessen Team versuchten zwar öfters, ihm das Stehen und Gehen noch besser beizubringen, aber Myon fand es viel bequemer, nur herumgetragen zu werden.

"Myon ist ein autonomer humanoider Roboter", hieß das Versprechen, das aber kaum eingelöst wurde. Denn das Bemühen um das kleinkindgroße weiße Metallmonster mit Ärmchen und Beinchen und einem dicken Kopf mit Kameraauge bewegte sich zwischen Technikexperiment, Opernevent und Posse. Selbstironie stand im Mittelpunkt der lebhaft und lose gefügten Performance. Sieben Sängerinnen und sieben Sänger saßen mit Myon, der nur leicht den Kopf schwenkte, an einer Art Abendmahlstafel und ließen sich zu Smalltalk live und auf dem Video-Monitor hinreißen oder gaben Opernszenen aus "Traviata" und "Zauberflöte" zum Besten.

Antonín Dvořáks "Lied an den Mond" war der poetische Höhepunkt eines Stücks, bei dem ein Roboter und seine Erzeuger nur demonstrieren konnten, dass es mit technikgenerierten Gefühlsreflexen noch nicht so weit ist wie vielleicht erhofft. Einmal stand Myon fest auf den Beinen und schlug mit den Armen ferngesteuert mechanisch den Takt zur Musik. Armer Roboter.

© SZ vom 25.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: