Kolumne: Deutscher Alltag:Voll-Glatzen geben Vollgas

Je mehr brrrrm, brrrrm, desto kahler der Kopf: Betriebsräte der Autobranche stellen ihr männliches Gebrechen ungehemmt zur Schau.

Kurt Kister

Männer sind, um es deutlich zu sagen, arme Schweine. Grundsätzlich sind Frauen hübscher, gescheiter, warmherziger und insgesamt nützlicher als Männer. Außerdem wachsen den Männern Haare an den unmöglichsten Stellen, zum Beispiel in den Nasenlöchern. Auf dem Kopf wiederum, wo die meisten Männer eigentlich ganz gerne Haare haben, fallen sie ihnen dafür mehr oder weniger schnell aus.

Bernd Osterloh ap

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat die schönste Glatze im Land: Bernd Osterloh (l.) oder Uwe Hück?

(Foto: Foto: ap)

In letzter Zeit versuchen viele Männer dieses geschlechtsspezifische Gebrechen dadurch zu kompensieren, dass sie ihre Dreiviertel- oder Voll-Glatze als modern, ja als hipp ansehen. Was lange Zeit als identitätsstiftendes Privileg kroatischer Autoschieber oder sächsischer Dumpfbacken galt, wird heute von Kreativen jeder Art sowie von durchgeknallten Milliardären und sogar von Betriebsräten zur Schau getragen. Sie stellen ihren Glatzkopf aus und wollen sich nicht mehr nur resignativ mit der Haarlosigkeit abfinden.

Da gibt es beispielsweise den Porsche-Betriebsrat Uwe Hück, einen exemplarisch lauten Glatzkopf. Hauptberuflich war der Mann mal Thaiboxer, also eine Art professioneller Türsteher, nur auf Wettbewerbsbasis. Auch wenn Hück heute gerne dreiteilige Anzüge trägt, gehört er zu jenem Typ Mann, dem man nicht nachts in einer dunklen Nebenstraße begegnen möchte. Es könnte ja sein, dass er so gefährlich ist, wie er aussehen möchte.

Außerdem fährt Hück auch noch einen Porsche Cayenne. Das ist ein Auto, mit dem einerseits gerne pferdegeschwänzte Blondinen ihre iPhone-tragenden Kinder an Gymnasien im Starnberger Landkreis abholen. Andererseits wird der Cayenne auch von Geschäftsmännern zwischen Kiew, Grosny und Riad geschätzt. Was der Hummer in den Achtzigern war, ist der Cayenne im Zeitalter der Finanzkrise: Your personal Panzer mit Volllederausstattung.

Es kommt nicht von ungefähr, dass auch der Oberboss von Porsche, fast wäre einem in den Computer geflossen: der Pate von Zuffenhausen, ein entschiedener Kahlkopf ist. Zwar zählt Ferdinand Piëch zu den Haarausfall-Glatzen und ist kein mutwillig Rasierter. Je nach Lichteinfall lässt sich sogar feststellen, dass Piëch noch eine Art Residualfrisur unterhält. Von seinem Benehmen her ist Piëch allerdings eindeutig ein extrem lauter Kahlkopf, sozusagen ein Thaiboxer in Milliardärsausführung oder Thomas Steg ohne Bildung und Pfeifentasche.

Übrigens hat auch VW-Betriebsrat Bernd Osterloh eine Kampfglatze. Die ostentative Kahlköpfigkeit ist in der Autobranche so weit verbreitet, dass es irgendetwas bedeuten muss. Ein Ansatzpunkt zur Untersuchung des Phänomens wäre vielleicht die alte Autoregel: Je mehr brrrrm, brrrrm, desto kahler der Kopf.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: