Kolumne: Deutscher Alltag:Dusch das

Die Badewanne zählt zu den nahezu ausschließlich positiven Erfindungen. Aber brauchen wir dazu Badezimmerspezial-iPods und Toskana aus der Alutüte?

Kurt Kister

Die Badewanne zählt zu jenen Erfindungen, die so gut wie ausschließlich positiv sind. Am Ende eines anstrengenden Tages kann man sich ins warme Wasser setzen, einen Krimi von Wolf Haas lesen und nebenbei den Klassiksender Bayern Vier hören, der seit geraumer Zeit BR-Klassik heißt, als ob der dumme Rundfunknutzer schon im Namen der Welle erkennen müsste, was er gerade hört. (Warum heißt Bayern Eins eigentlich nicht BR-Dudel und Bayern Drei BR-Schwätz?)

Ein Bad jedenfalls ist fast immer, vielleicht mit Ausnahme warmer Sommertage, eine lebenserleichternde Nettigkeit. Gewiss, wer an allem etwas auszusetzen hat, kann auch die Badewanne mit Mord, Totschlag und Uwe Barschel assoziieren.

Es gab mal diesen Film mit Michael Douglas, in dem die ihn verfolgende Horrorfrau mit dem Messer aus der Wanne auftaucht. Und man hat diverse Roman-Plots halb im Gedächtnis, in denen irgendwelche armen Menschen in der Wanne mit Säure aufgelöst werden - so wie weiland Lumumba von den Mobutu-Belgiern.

Außerdem war da noch diese Mordmethode: Das nichtsahnende Opfer liegt in der Wanne, man nähert sich ihm lächelnd und zieht es dann ganz schnell an beiden Beinen nach oben, so dass Mund und Nase blitzartig unter Wasser geraten. Erstaunlich, wie viele Garstigkeiten einem einfallen, wenn man an ein angenehmes Vollbad am Abend denkt.

Zum Baden gehört der Badezusatz, der eine bemerkenswerte Karriere hingelegt hat. Früher schüttete man bestenfalls eine giftgrüne, nach Kiefern und einem Hauch C-Waffen riechende Flüssigkeit ins Badewasser. Betritt man heute eine dieser Monsterdrogerien, in denen es mehr WC-Duftsteine gibt als Kairo Einwohner hat, gelangt man auch an lange Regale mit Badezusätzen. In der Ethno-Abteilung finden sich das Hamam-Bad und das Maharadscha-Bad; bei den Gesundheitsdingen das Erkältungs-, das Rheuma- und das Muskelbad; bei Wellness das toskanische Olivenbad und das Lavendel-Entspannungsbad.

Was eigentlich ist los in dieser Gesellschaft? Als man jung war, heizte die Oma samstags den Badeofen mit Kohlen an und fünf Leute teilten sich dann zwei Wannenfüllungen. War auch in Ordnung. Heute stellt man drei Teelichter auf den Wannenrand, steckt den iPod in den Adapter des Badezimmerspezialradios und schüttet sich Toskana aus der Alutüte ins Wasser. Man lässt sich in die Brühe sinken und nimmt die Badezusatztüte zur Hand. Auf ihr ist nicht nur das Bild der Hügellandschaft von Arezzo zu sehen, sondern auch noch ein rostrotes Schriftband mit gelben Buchstaben: "Limited Edition".

Lieber Gott im Himmel, brauchen wir wirklich so viel Zivilisation?

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