Klingende Literatur:Mann ist alles

Gerold Huber widmet dem "Dr. Faustus" einen ganzen Abend

Von Eva-Elisabeth Fischer, Polling

O ja, hier halten schöngeistige Laien wie beschlagene Spezialisten inne, wenn auch noch dem Weinstuben-Wirt die Originalzitate nur so von den Lippen perlen. Thomas Mann ist, nicht rein kulinarisch, alles, speziell sein Jahrhundert-Musikroman "Doktor Faustus", zwischen 1943 und 1947 geschrieben im amerikanischen Exil. An diesem Abend, 70 Jahre nach seinem Erscheinen, gemahnt jeder gesprochene Satz, jede gespielte Note, jede Speise beim "Wein-Menü nach Adrian Leverkühn" an den Schriftsteller und seine ebenso diabolisch wie preziös schillernde Romanfigur. Inmitten der zauberhaften Kulisse der Klosteranlage Polling, Leverkühns Pfeiffering, konzentriert sich der Pianist und Komponist Gerold Huber anlässlich der Tage für alte und neue Musik auf das Faustische, Dunkle im Tonsetzer Leverkühn. Es assistieren ihm der Germanist Eckhard Zimmermann als Ortskenner und -führer, vor allen aber der Literaturwissenschaftler Dieter Borchmeyer, der Hubers klug programmiertes Salonkonzert um Erkenntnisse zum "Dr. Faustus" als keineswegs eindeutige Nazi-Deutschland-Allegorie bereichert.

Gerold Huber also spielt im Nike-Saal des Schweigharthofs, wo einst Thomas Mann untergekommen war und auch Leverkühn Quartier nahm, wo nun ein Maler-Ehepaar wohnt und großzügig seine Wohnung für den Pianisten und die Interpretin seines "Fiktiven Liedzyklus nach Adrian Leverkühn" sowie 50 Zuhörer öffnet. Sechs Clemens-Brentano-Gedichte sucht Huber in insistierenden Akkorden und melodiösen Läufen zu ergründen, lauscht diskret ihrer Poesie und den schauerlichen Abgründen nach. Auch als Tonsetzer sieht sich der grandiose Liedbegleiter als Begleiter - hier des Dichterworts, das Andrea Oswalds agiler Sopran wortverständlich moduliert, fein im Pianissimo, ein wenig scharf in der Höhe.

Die direkte Akustik lässt die Töne knallen. Bei Richard Strauss, der fünf weitaus gefälligere Brentano-Gedichte vertont hat, unter anderem den koketten "Amor". Und zum Schluss dann donnernd bei Beethovens existenziellem Maestoso und der Arietta aus dem op. 111. Huber fugiert hier mal metronomisch getaktet, lässt da mal Triolen in Synkopen swingen. Groß! (auch am 9. Mai)

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