Klassische Musik:Temperamentvoll

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(Foto: Berlin Classics)

Das Schumann Quartett achtet darauf, nicht nur klassisches Quartett-Repertoire zu spielen, sondern auch neue Kombinationen zu wagen.

Von Harald Eggebrecht

Wann immer dieses im besten Sinne junge Streichquartett im Konzert auftritt, strahlt es Auffassungsfrische, kammermusikalische Neugier und klangliche Unmittelbarkeit aus; dazu lässt sich die bezwingende Aufmerksamkeit für das musikalische Vierergespräch, die Delikatesse in der Abstimmung der Instrumente, die erzählerische Dichte in diversen Kompositionen und die Fähigkeit zu groß dimensionierten Phrasierungsbögen fast körperlich spüren. Erik und Ken Schumann, Violinen, Liisa Randalu, Viola, und Mark Schumann, Violoncello, achten auch bei CDs darauf, nicht einfach das Quartett-Repertoire aufzunehmen, sondern vielmehr beziehungsreiche Kombinationen zu wagen. So haben sie Wolfgang Amadeus Mozart mit Charles Ives und Giuseppe Verdi zusammengebracht, oder Toru Takemitsu mit Joseph Haydn, Béla Bartók und Arvo Pärt, nicht aus Originalitätssucht, sondern weil sich die Charaktere der verschiedenen Stücke erhellend bespiegeln.

Bei ihrem neuen Album (Berlin Classics) - Werke von Robert Schumann, Aribert Reimann, Felix Mendelssohn Bartholdy - wenden sie sich dem großen Namensvetter zu, dessen 1. Streichquartett die "Schumanns" zum Abenteuer aus rhythmischem Temperament, poetischer Emphase und lyrischer Versonnenheit machen. Auch wird deutlich, wie viel Bachisch-Konstruktives im vermeintlich überschäumenden Romantiker Schumann steckt. So gehört intellektuelle Klarheit und Dispositionsvermögen dazu, diese sehr anspruchsvolle Musik vital zu erfüllen. Reimanns "Adagio zum Gedenken an Robert Schumann" von 2006 hat, so kompromisslos geboten, in aggressiver Schmerzlichkeit, heftiger Klage und zuletzt dem unaufhaltsamen Zerfall keinen Trost parat. Reimanns Quartettversion von Schumanns späten sechs Gesängen entfaltet sich als feinmaschiges Streichergewebe unter dem schön ausartikulierten Sopran von Anna Lucia Richter. Zum Schluss Mendelssohns 1. Quartett, leidenschaftlich, ohne die Übersicht zu verlieren, wunderbar gelassen in der Zeitgestaltung und die so zauberische wie flammende Musik in ihren Perspektiven weit ausmessend.

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