Klassik:Vom Einspringen

Der Spanier Juanjo Mena überzeugt anstelle des erkrankten Gustavo Dudamel in München mit einer anregenden ersten Symphonie von Gustav Mahler.

Von Harald Eggebrecht

Ein Star ist angekündigt, alle strömen hin, dann die Enttäuschung: Absage wegen Erkrankung. So erging es dem Publikum beim BR-Symphonieorchester im Münchner Herkulessaal. Auch für die Musiker ist es nicht einfach, mit einem noch unvertrauten "Einspringer" umzugehen. Sie hatten mit dem ihnen schon bekannten Gustavo Dudamel gerechnet, dem Chefdirigenten des Los Angeles Philharmonic Orchestra und der berühmtesten Blüte aus dem venezolanischen Musikerziehungsprogramm "El Sistema". Stattdessen war erstmals der Baske Juanjo Mena, Jahrgang 1965, am Pult des Orchesters. Er hat bei Carmelo Bernaola Komposition und bei Enrique Garcia Asensio Dirigieren studiert, außerdem an Meisterkursen von Sergiu Celibidache teilgenommen. Er ist Chefdirigent des BBC-Philharmonic und gern gesehener Gast bei den großen Orchestern in Berlin, London, Paris, New York, Boston, Cleveland und anderen. Mena, von eher gedrungener Gestalt, gehört weder zu den auftrumpfenden Dompteuren noch zu den glamourösen Verführern. Seine gezügelte Gestik wirkt hingegen sachdienlich und unspektakulär. So ließ er bei Wolfgang Amadeus Mozarts G-Dur-Violinkonzert mit Janine Jansen als Solistin das erhöhende Podest weg, stand auf gleicher Ebene mit der Geigerin und dirigierte so aufmerksam wie behutsam. Sicher kann man dieses Konzert auch vom Solisten her leiten, und Jansen begann auch mit starken Körperimpulsen fürs Orchester. Doch dann konzentrierte sie sich auf ihre Soloaufgabe und bot einen Mozart voller Licht und Luftigkeit. Sie übertrieb nicht mit falschem Virtuosengehabe und strich im Adagio kein Geigenfett auf, sondern hielt die Gesangslinie wunderbar schwebend bis zum Schluss durch. Als Zugabe die Aria aus Johann Sebastian Bachs "Goldberg-Variationen" in der Streichtrio-Version, ebenso leichtfüßig und durchsonnt gespielt wie Mozart mit Cellist Peter Bruns und Bratscher Wen Xiao Zheng.

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