Klassik und Streetart:Ideen sprühen

Klassik und Streetart: Mal was Anderes: der Cellist Daniel Müller-Schott (rechts) als Street-Art-Künstler mit Daniel Man.

Mal was Anderes: der Cellist Daniel Müller-Schott (rechts) als Street-Art-Künstler mit Daniel Man.

(Foto: Robert Haas)

Daniel Müller-Schott und Daniel Man vor dem Lenbachhaus

Von Renate Frister

Ein internationaler Top-Cellist, der in der Graffiti-Szene unterwegs ist? Ja, den gibt's, und er heißt Daniel Müller-Schott. Vor dem Lenbachhaus verbinden er und der Künstler Daniel Man klassische Musik mit Street Art. Man sagt, er wolle mit Erwartungen brechen und die Begriffe "High Culture" und "Low Culture" durcheinander würfeln. Die Aktion "Streetbach" feiert die Halbzeit seines einjährigen Projektes "Eis, Eisbaby", für das er einmal im Monat den Kiosk vor dem Museum neu besprüht, etwa mit einem Totenkopf mit bunten Zähnen oder mit Slogans einer Anti-Graffiti-Kampagne einer Immobilienfirma aus den 90er-Jahren.

Es ist ein lauer, sonniger Abend. Zu Beginn sind fast nur Pressevertreter da, doch sobald Daniel Müller-Schott mit Bachs Solo-Suite Nr. 3 C-Dur beginnt, stoßen immer wieder Passanten hinzu. "Streetbach" heißt die Aktion, weil der Cellist gegen den Straßenlärm anspielt: Im Hintergrund rauscht, dröhnt der Verkehr, durchsetzt von vereinzeltem Hupen. Auch die hervorragende Akustik eines Konzertsaals fehlt, die Klänge verlieren sich ein wenig in der Luft. Und dennoch zieht Müller-Schott die Zuhörer in seinen Bann, auch die Kinder. Mal hüpft sein Bogen leicht und flink über die Saiten, mal spielt er kraftvoll, fast wütend. Zwischen den Sätzen schließt er die Augen, konzentriert sich und taucht wieder in die Musik ab.

Nach dem Auftritt tauscht er das schicke dunkelblaue Hemd gegen ein rotes Poloshirt, die Lederschuhe gegen Sneakers und schon macht er sich mit Daniel Man daran, den Kiosk zu besprühen. Die beiden haben sich vor ein paar Jahren über einen gemeinsamen Freund kennengelernt. Daniel Man zieht schwungvoll und rhythmisch seine Linien, Müller-Schott sprüht bedächtig und sorgfältig. Der Geruch der Farbe breitet sich aus, das Publikum geht auf Abstand. Auf die Frage eines Bekannten hin - "Daniel, spielst du auch Cello?" - antwortet Man schmunzelnd: "Das mach' ich nachher." Die bunten Buchstaben formieren sich allmählich zu dem Schriftzug "Bach rocks". Kaum ist das Kunstwerk vollendet, wird der Kiosk wieder geöffnet und Frei-Eis verteilt.

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