Klassik:Eifer und Gefecht

Anne-Sophie Mutter, Lynn Harrell, Yefim Bronfman werden im Münchner Gasteig mit Stücken von Beethoven und Tschaikowsky als Klavier-Trio gefeiert. Trotz eines Saales, der für Kammermusik fast zu groß ist.

Von Harald Eggebrecht

Gewiss, es gibt große, akustisch herausragende Säle mit mehr als zweitausend Plätzen, in denen man wirkungsvoll Kammermusik bieten kann. Aber der Intimität, Inständigkeit, dem gewissermaßen nach innen gekehrten, komplexen, musikalisch dicht verwobenen Gespräch - dem also, was im Begriff Kammermusik gefasst wird, widersprechen die Dimensionen eines Riesensaals. Das gilt erst recht in der noch dazu akustisch schwierigen Münchner Philharmonie. Trotz solcher grundsätzlichen Einwände waren die Erwartungen des Publikums jetzt gerade so riesig, dass es nicht nur die Gasteighalle voll besetzte, sondern sogar noch bis aufs Podium vorrückte.

Erfreulich und kein Wunder, denn drei Stars ihres Fachs traten hier auf: die weltbekannte Geigerin Anne-Sophie Mutter; der in allen Facetten des großen Cellospiels erprobte und gerühmte Lynn Harrell. Und der Meister pianistischer Vitalität und Unerschütterlichkeit, Yefim Bronfman. Zwei Werke spielten sie, die zum Bedeutendsten in der Musik nicht nur für die Klaviertrio-Formation gehören: Ludwig van Beethovens "Erzherzog-Trio" B-Dur op. 97 und Peter Tschaikowskys Op. 50, dem Andenken des russischen Pianisten Nikolai Rubinstein gewidmet.

Beide Stücke haben es in sich, auf höchst unterschiedliche Weise: Beethovens Trio gehört zu jenen Werken, die am Ende seiner Glanzphase stehen, bevor er die neue Welt seines Spätwerks betritt. Das B-Dur-Trio strahlt vielschichtige Festlichkeit und nahezu orchestrale Pracht aus, es fordert blitzenden Witz und rhythmischen Schwung im Scherzo, reaktionsschnelle Virtuosität und Feurigkeit im Finale. Das groß angelegte Andante spannt in seinen Variationen am Ende einen Adagiobogen, dessen Weite nicht groß genug gedacht werden kann.

Die drei Helden des Abends warfen sich mit Verve und Virtuosität in die Schlacht

All das verlangt von Musikern höchstmögliche Kommunikation, Genauigkeit in den Phrasierungen und Präzision in der Vielfalt der Stimmführung. Das kann aber nur Resultat einer langjährigen Probenarbeit sein, bei der jene gegenseitige Vertrautheit entstehen kann, wie sie etwa bei professionellen Quartett-Formationen üblich ist. Doch die drei ruhmbedeckten Solisten lieferten eher eifrig die Außenseite dieses tiefgründigen Stückes, wobei besonders der mit vielen kammermusikalischen Wassern gewaschene Lynn Harrell gleichsam als energischer Führer durch das Trio-Wunderland Beethovens imponierte.

Tschaikowskys Trio ist extrovertierter, will solistischen Zugriff und stellt die verschiedenen Klangwelten von Klavier, Violine und Violoncello aus. Da entsteht in dieser zweisätzigen monumentalen Elegie, die im schwermütig entschwindenden Trauermarsch endet, zuletzt so etwas wie ein gemeinsam erkämpftes Strömen, das jeden mitreißt. Die drei Helden des Abends warfen sich mit Verve, Virtuosität und Leidenschaft ins berauschende Gefecht. Für die Ovationen im Stehen dankten sie mit einem sarkastischen Satz von Dmitrij Schostakowitsch.

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